Veröffentlicht: 18.04.2025. Rubrik: Aktionen
Ein Waschbärmädchen im siebten Himmel
Das Waschbärmädchen Limpia war eine Träumerin. Den leckeren Apfel, den sie auf einer Streuobstwiese gefunden hatte, wollte sie eigentlich in einem Bach waschen. Aber die funkelnden Sterne, die sich bei Vollmond in dem klaren Wasser spiegelten, ließen sie schnell etwas so Nebensächliches wie einen Apfel vergessen.
Sie stellte sich vor, dass tausende von Glühwürmchen, zusammen mit ganz viel Feenstaub den Himmel bei Nacht erleuchten. Bei den kleinen Wolken war sie sich sicher, dass sie aus Zuckerwatte bestehen und dass Zuckerwatte das Lieblingsessen der Glühwürmchen ist. Limpia träumte von kleinen Elfen, die auf den Lichtstrahlen der Sterne tanzen und Pirouetten drehen. Von schillernden Vögeln, die wunderschön musizieren und deren buntes Gefieder mit dem Feenstaub um die Wette glänzt. „Das ist der siebte Himmel“, dachte sie.
Das Waschbärmädchen war verzaubert und spürte ein Kribbeln in seinen Pfoten, als es im Wasser einen Stern berührte, der sich dort spiegelte. Erschrocken zuckte sie zurück und hörte eine Stimme: „Du hast gerade den siebten Himmel berührt. Wenn Du willst, dann zeige ich Dir einen Weg dorthin. Aber bedenke: den Weg zurück musst Du alleine finden.“
Limpia überlegte nicht lange. Sie dachte auch keine Sekunde lang daran, was passieren würde, wenn sie den Rückweg nicht findet. „Ich komme mit“, rief sie euphorisch und folgte einem grellen Lichtstrahl.
Als sie im siebten Himmel ankam, stellte sie schon bald fest, dass diese „Heile Welt“ eine langweilige Scheinwelt ist und sehnte sich zurück zur Erde. Aber - oh, je – wie sollte sie zurück zur Erde finden? „Hilfe!“ rief sie laut aus und nochmals „Hiiilfe!“ Ein Glühwürmchen kam angeflogen und setzte sich auf die Schulter des Waschbären, der planlos losmarschierte. Limpia bemerkte, dass immer, wenn sie einen falschen Weg einschlug, das Glühwürmchen zu Flackern begann. Mit jedem Schritt wurde sie sicherer, dass nicht nur das Glühwürmchen, sondern auch ihr Herz ihr den richtigen Weg zurück zeigen würden.
Die Füße wurden immer schwerer und die Nacht verschwand, zusammen mit den Sternen. Ein heftiger Windstoß weckte das Waschbärmädchen aus ihrem Traum. Schlaftrunken betrachtete sie den Apfel und die Umgebung. In der Ferne hörte sie ihre Mutter: „Limpia, Liiimpia“, rufen. „Kind, wo hast Du Dich denn wieder rumgetrieben?“
„Mama“ antwortete sie erleichtert. „Stell Dir vor, ich war im siebten Himmel“.
„Ja, ja, Du kleine Träumerin. Ab ins Bett mit Dir. Es wird schon hell.“
„Typisch Erwachsene“, dachte Limpia, die auf ihrer nächtlichen Reise gelernt hatte, dass der „Siebte Himmel“ nicht nur dort oben, sondern überall auf der Welt sein kann, wo man bereit ist, ihn zu sehen.

