Veröffentlicht: 30.03.2025. Rubrik: Unsortiert
Drei Haselnüsse für Aschenbrödel
Viel zu lange schon hatte ich in provisorisch zusammengeschusterten Küchen für das leibliche Wohl meiner kleinen Familie gesorgt und träumte nun immer öfter von einer richtigen Markenküche. Ich hatte einfach keine Lust mehr auf rostende Herdplatten und wackelige Türgriffe und war zu der Überzeugung gelangt, dass eine neue Küche unser Familienleben ungemein bereichern und meine Kochkünste automatisch auf ein höheres Level heben würde. Als wir uns dann endlich das nötige Kleingeld für diese Neuanschaffung zusammengespart hatten, gab es für mich kein Halten mehr, und ich vereinbarte umgehend einen Termin in einem angesehenen Küchenstudio.
"Das wird meine absolute Traumküche!", rief ich, überschäumend vor Glück, meinem Mann zu, und eilte freudestrahlend zu meiner Verabredung mit einem professionellen Küchenplaner. Das noble Küchenstudio im Stadtzentrum war mir bereits wohlbekannt. Immer wenn ich in der Stadt unterwegs war, blieb ich eine Weile vor dem riesigen Schaufenster stehen und spähte hinein in den Verkaufsraum, wo sich futuristisch anmutende Küchengeräte und farbenfrohe Möbel zu einem Gesamtkunstwerk vereinten.
Der Küchenprofi begrüßte mich überschwänglich, führte mich durch sein Reich und erläuterte mir ausführlich die Vorzüge einer perfekt durchgestylten Markenküche. Ich fühlte mich wie eine Märchenprinzessin, wähnte mich bereits am Ziel meiner Mädchenträume und mir wurde ganz warm ums Herz. Nur flüchtig kam mir mein begrenztes Budget in den Sinn und ich begann, mich ein wenig unbehaglich zu fühlen. Schließlich musste ich mich für eine Marke entscheiden und wir setzten uns zusammen, um zunächst die Standorte der einzelnen Küchengeräte innerhalb des Gesamtkonzepts festzulegen.
"Wo möchten Sie denn Ihre Geschirrspülmaschine hinstellen, Frau Schneider?"
Ich zuckte zusammen und rief bestürzt: "Welche Spülmaschine? Ich brauche doch gar keinen Geschirrspüler!“
Der Verkäufer schaute sichtlich irritiert und lächelte nervös.
„Aber in Ihrer alten Küche gibt es doch auch eine Spülmaschine. Warum wollen Sie jetzt darauf verzichten?“
Darauf erwiderte ich leicht pikiert: „Ich habe noch nie eine Spülmaschine besessen und bin immer sehr gut ohne zurechtgekommen!“
Um diesen unerhörten Einwand zu verarbeiten, legte der Verkäufer zunächst eine Schweigeminute ein, und wagte dann einen neuen Vorstoß: „Aber wie haben Sie denn um Gottes willen die ganze Zeit Ihr Geschirr gespült?“
Geduldig gab ich Auskunft über unser Haushaltsmanagement: „Wir sind nur zu Dritt und meinem Mann macht es überhaupt nichts aus, nach dem Essen das Geschirr zu spülen. Unsere Mütter haben auch immer von Hand gespült, und daher ist uns die Anschaffung dieser Maschine einfach nie in den Sinn gekommen.“
Er nickte bedächtig, aber nicht aus Überzeugung, und ich wappnete mich innerlich für einen langatmigen Vortrag über die positiven Auswirkungen, die eine Spülmaschine auf mein persönliches Wohlbefinden und unser gesamtes Familienleben haben könnte. Diese Argumente kannte ich alle schon aus unserem Freundeskreis, wo die Spülmaschine wohl in einigen Fällen sogar ein Scheitern der Beziehung verhindert hatte.
Nun lief der Küchenplaner zur Hochform auf und bombardierte mich mit Anekdoten aus seinem Privatleben, die den Nutzen dieses Geräts veranschaulichen sollten:
„Frau Schneider, Sie haben doch bestimmt schon mal daheim für Ihre Freunde gekocht. Wenn Sie dann am nächsten Morgen in Ihre Küche kommen, stapelt sich überall das schmutzige Geschirr, und sie müssen den ganzen Tag an der Spüle stehen, bis alles wieder sauber ist. Wenn meine Frau und ich Gäste haben, räumen wir vor dem Schlafengehen einfach die Spülmaschine ein und am nächsten Morgen ist alles blitzblank, und wir können uns einen schönen Tag machen!“
Geduldig ließ ich seine Belehrungen über mich ergehen, versuchte mir meine Gereiztheit nicht anmerken zu lassen und hielt tapfer dagegen:
„Also ich habe schon oft gehört, dass man Sekt- und Weingläser lieber von Hand spülen sollte, und große Schüsseln und Töpfe schon aus Platzgründen eine Sonderbehandlung brauchen.“ Voller Stolz erwähnte ich bei der Gelegenheit unsere Von-Hand-Spül-Bestzeit von 1.35 h nach einer wilden Party mit 20 Gästen. Doch der Küchenplaner zeigte sich weiterhin völlig unbeeindruckt, und nach einem weiteren kräftezehrenden Schlagabtausch gab ich entnervt auf. Schließlich einigten wir uns auf einen Platzhalter in der Küchenzeile, der flexibel genutzt werden konnte.
"Nun, das wäre dann wohl geklärt", dachte ich erleichtert und freute mich auf die Planung der Küchenschränke.
"Also die Mikrowelle sollten Sie am besten in Augenhöhe einbauen lassen. Wie groß sind Sie denn ungefähr?"
„Dieses Gerät kommt mir nicht ins Haus!", blaffte ich ihn an in der Hoffnung, eine weitere Diskussion gleich im Keim zu ersticken. "Dieser Kasten war mir schon immer äußerst suspekt. Außerdem wüsste ich gar nicht, was ich damit anfangen soll!“
Mit einem Schlag kippte die Stimmung und tiefe Verzweiflung machte sich breit im Küchenwonderland. Das gütige Verkäuferlächeln war längst zu einer Grimasse erstarrt.
"Frau Schneider, glauben Sie mir! Wenn Sie sich jetzt gegen eine Mikrowelle entscheiden, werden Sie das eines Tages bitter bereuen! Dieses Gerät ist aus einer modernen Küche gar nicht mehr wegzudenken! Aber was erzähle ich Ihnen ... Sie wollen sich ja viel lieber tagaus tagein herumplagen und so leben wie Ihre Mutter vor 50 Jahren!" Er schnaubte verächtlich, starrte mich mit hasserfüllten Augen an und sehnte wohl ein baldiges Ende dieses fruchtlosen Gesprächs herbei.
"Sagen Sie mal, liebe Frau Schneider, steht bei Ihnen zu Hause wenigstens eine Waschmaschine oder waschen Sie Ihre schmutzige Wäsche noch am Flussufer?“
Völlig erschöpft und ernüchtert verabschiedete ich mich von meinem Küchentraum und beschloss, die erneute Attacke auf meine Hausfrauenehre einfach wegzulächeln und dieser quälenden Debatte ein Ende zu setzen.
„Natürlich besitze ich eine Waschmaschine!", frohlockte ich innerlich und lachte vergnügt. "Ich lebe doch nicht hinter dem Mond! Aber ob Sie's glauben oder nicht ...: Ich hatte noch nie einen Trockner!"

