Veröffentlicht: 05.07.2024. Rubrik: Satirisches
Die Muckibude
Sven, die personifizierte Eitelkeit, war auf der Suche nach einem neuen Fitnessstudio , in dem er seinen Astralköper noch effektiver trainieren könnte. Welches Studio dafür in Frage käme, würde ihm sicherlich Onkel Google sagen – schließlich weiß Onkel Google auch sonst alles. Laptop her, Suchbegriff rein und schon erschien eine lange Liste mit Muckibuden. Sven selektierte: zu alt, zu klein – hoppala, Neueröffnung. Yep, das klang gut und die Homepage übertraf seine Erwartungen noch um Längen. „Nix wie hin“, sagte er sich, „das schau ich mir an“.
Damit man in dem Studio auch gleich sehen konnte, mit wem man es tun hat, zwängte sich der Muskelprotz in ein Funktionsshirt, das schätzungsweise zwei bis drei Konfektionsnummern zu klein war und dank des hochwertigen Elasthananteils wie eine zweite Haut saß. Jeder Muskel und jede Ader zeichnete sich darunter ab – genau so liebte es Sven. Auf dem Weg vom Schlafzimmer zur Haustür bewunderte er sich noch in jedem der zahlreichen Spiegel, ging zu seinem Auto und fuhr los.
Das Navi führte Sven auf dem schnellsten Weg zu dem Ort der Begierde. „Mucki XXL“ konnte er bereits von Weitem lesen, aber – das darf doch nicht wahr sein – er fand keinen Parkplatz vor dem Haupteingang. Die erste, freie Parkbucht entdeckte er erst - sage und schreibe - 300m von dem Studio entfernt. So ein Mist, denn er hätte doch zu gern, neben seinem Sixpack, auch seinen tiefergelegten, metallic farbenen Sportwagen, mit den heißen Sportfelgen präsentiert.
Sven stolzierte den „weiten“ Weg zurück und betrat den Eingangsbereich des Studios. Es hätte noch ein Tusch gefehlt, damit auch wirklich alle Blicke auf ihn gerichtet wären, statt der armseligen 30%. Nicht so schlimm, hauptsache die scharfe Braut an der Rezeption widmete ihm ihre Aufmerksamkeit. „Genau mein Beuteschema“, dachte Sven und spannte seinen Sixpack nochmals nach. „Ich bin auf der Suche nach einem neuen Studio und würde mich gerne etwas umschauen“, erklärte er so „cool“ wie möglich. „Gerne“, erwiderte die Schönheit. „Wenn Sie möchten, zeige ich Ihnen alles“. Sven war mit seinen Augen so beschäftigt, dass er vergaß, auf das Angebot zu antworten, aber Konversation war ohnehin nicht seine Stärke. Sie gingen los: Umkleidekabinen, Duschen, Sauna – gemischt, ganz, ganz wichtig. Spinning, Powerplate, Trampoline, Hallenbad – alles da. „Und hier ist unser Kraftbereich“ erklärte die Dame vom Empfang unnötigerweise. Svens Gesichtszüge erstarrten. Was will der denn hier ? Eine Kopie von Arnold Schwarzenegger lag auf dem Boden und stemmte eine Langhantel mit riesigen Gewichtsscheiben, ganz entspannt und ohne Stöhnen. „Hi, ich bin Luigi“ begrüßte er Sven. „Biste neu hier ?“ „Jo“ antwortete Sven kurz und drängte zum Weitergehen. So was konnte er ja gar nicht gebrauchen. Der würde ihm doch glatt die Show stehlen. Dann blieb er lieber in seinem jetzigen Studio. Da war er der King.
Zurück am Empfang fragte die Dame des Hauses nach Svens Eindruck vom Studio. „Ja, ganz nett, aber ich muss nochmal ne Nacht drüber schlafen“, entgegnete er und ging schnellen Schritts zu seinem Auto.