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3xhab ich gern gelesen
geschrieben von Bad Letters.
Veröffentlicht: 25.05.2024. Rubrik: Total Verrücktes


Ungebetener Besuch

Es war an einem warmen Frühlingsmorgen und mein erster Blick war in dein von der Sonne in gleißendes Licht getauchtes Gesicht. Kein Engel hätte sich in diesem Augenblick mit dir messen können und so weckte ich dich zärtlich mit einem Kuss. Du öffnetest deine Augen und lächeltest mich an, um dann meinen Kuss lange und zärtlich zu erwidern. Unter der Bettdecke geriet einiges in bad Aufruhr, bis zu der Stelle, wo du in einer kleinen Atempause sagtest: „Schatz, du weißt doch noch, dass heute Nachmittag meine Mutter zu Besuch kommt?“.

SatirepatzerSatirepatzerMir froren augenblicklich die Gesichtszüge ein und der Aufstand unter der Bettdecke wurde auf das Brutalste niedergeschlagen. Selbst deine intensiven Bemühungen, den Zustand wieder rückgängig zu machen, blieben erfolglos. Hier war einfach nichts mehr zu retten, was wiederum in deiner Aussage mündete: „Das kann jetzt nicht dein Ernst sein Bad! Ich brauche meine Mutter nur zu erwähnen und dein ganzer Körper läuft Amok!“

Gefrustet entschwandst du aus dem Himmelbett, während ich krampfhaft versuchte, meine Herzschlagfrequenz wieder unter Kolibri Niveau zu reduzieren, um einem drohenden Herzstillstand entgegenzuwirken. Es ist mir bis heute unerklärlich, wie herzlose Drachen es schaffen, Engel auf die Welt zu bringen! Da muss doch zwischendurch eine Dialyse, eine tiefgreifende Reinigung stattgefunden haben! Oder vielleicht doch nur ein heimlicher Austausch?

Ich stand jetzt ebenfalls auf und überlegte kurz, ob ich den Kaffee direkt durch Whisky ersetzen oder ob ich vielleicht meinen Freund Franco anrufen sollte? Damit er mir später etwas von seinen speziellen Mittelchen vorbeibringt, die ich mir dann heimlich in den Nachmittagstee mischen könnte, um den Tag halbwegs entspannt und mit einer gewissen, „Mir doch scheiß egal!“ Haltung zu überleben. Beide Alternativen klangen verlockend, aber mir wurde schnell klar, dass ich nichts davon ernsthaft in Betracht ziehen konnte.

Denn, merke dir, wenn du einen Engel an deiner Seite hast, solltest du alles dafür tun, dass er auch bei dir bleibt!

Der weitere Morgen verlief doch etwas unterkühlt zwischen uns! Während du den Besuch vorbereitest, erledigte ich die Steuern, die schon länger auf mich warteten. Ich arbeitete sie zügig ab und haderte dabei mit meinem Schicksal. Wie viele arme Menschen gab es noch da draußen, die mit solch einer Schwiegermutter geschlagen waren?

Nach der Steuererklärung surfte ich heimlich im Internet und googelte nach, „Wie werde ich meine Schwiegermutter los?“. Zu meiner Überraschung, stieß ich schnell auf ein Forum. Heute gibt es einfach für alles Foren. Ich überflog kurz die aktuellen Beiträge.

Robert aus dem Dörfchen, Boshaft, schrieb:

Meine Schwiegermutter hat mich in drei Jahrzehnten so weit gebracht, dass ich ihr zum siebzigsten Geburtstag, in Anwesenheit ihres ganzen Kegelklubs, folgende Widmung vorlas:

Liebste aller Giftspritzen, jetzt hast du es am Ende doch noch geschafft! Endlich bist du so alt, wie du schon seit über dreißig Jahren ausschaust. Es ist für mich ein Wunder, dass du immer noch Wörter findest, wo du doch schon mehr verbraucht hast, als für zwei unnötige Leben gesund gewesen wären. Umso mehr freue ich mich, dass ich heute zum ersten Mal zu Wort komme! Ich beeile mich auch, damit du deinem Sendebedürfnis, schnell wieder nachkommen kannst. Dein dir verhasster Schwiegersohn.

Ingried aus der Stadt, Heimtückisch, gab zum Besten:

Meine Schwiegermutter weigerte sich partout, bei uns zu essen, wenn ich gekocht habe. Deshalb hatte ich mir die gleiche Schachtel Pralinen gekauft, die mein Mann seiner Mutter bei jedem Besuch schenkte. Diese konnte ich dann genau vermessen und mir eine Schablone basteln, mit der ich in jede Schnapspraline etwas Abführmittel injizierte. Beim letzten Besuch sagte sie: „Bärchen, bitte demnächst keine Pralinen mehr, irgendwie vertrag ich die nicht mehr so gut!“. Jetzt muss ich mir schleunigst etwas Neues einfallen lassen!

Otto aus dem Vorort, Niederträchtig, bei Arglist veröffentlichte folgende Anleitung:

Man nehme eine Steckdose mit Zeitschaltuhr und Fernbedienung, dazu eine leistungsstarke Kühldecke. Diese montiere man im Gästezimmer möglichst unsichtbar unter dunklen Bettlaken. Dann fülle man Schwiegermutter ordentlich mit billigem Korn ab, bis sie noch mehr dummes Zeug redet als ohnehin schon. Wenn sie dann ihren Rausch ausschläft, schaltet man nachts die Kühlung auf volle Pulle. Nach spätestens fünf Stunden ist die Blasenentzündung vorprogrammiert und man kann am nächsten Morgen das Rückfahrticket buchen!
Am besten gefiel mir aber der Beitrag von einem Bad Letters:

Ich schenkte meiner Schwiegermutter einen Band ausgewählter Kurzgeschichten von mir. Danach war sie reif für die Klappse und singt seitdem den ganzen Tag vor sich hin: „Wie kann ein Mensch nur so bad sein, wie kann ein Mensch nur so bad sein!“

Auch wenn es mir nach dem Forumsbesuch weiterhin vor dem Nachmittag mit Schwiegermutter grauste, hatte ich zumindest einen amüsanten Vormittag!

counter3xhab ich gern gelesen

Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von ehemaliges Mitglied am 25.05.2024:
Kommentar gern gelesen.
eigentlich wollte ich irgend eine Gemeinheit schreiben, aber mir fällt nichts ein - vielleicht kannst du mir dabei helfen ..?

Ich meine damit nicht dich, du Bad ... sondern die geschwiegerte Mutter.




geschrieben von Bad Letters am 26.05.2024:

Na dann Rudi, kann ich mich ja entspannt zurücklehnen. Danke!

MfG
Bad Letters


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