Veröffentlicht: 01.05.2024. Rubrik: Märchenhaftes
Ich schöpfe aus dem Morgen
Unberührt liegt der Morgen noch vor mir, noch nicht von meinen Gedanken zerdacht und besudelt, in der friedlichen Stille seines Seins. Ich schöpfe meine Worte aus seiner Kraft, die er mir in seiner unendlichen Güte jeden Morgen aufs Neue schenkt.
Ich sollte dem Morgen des Öfteren meine Zeilen widmen, aber ob er sie überhaupt lesen mag? Steht er nicht weit über den Dingen unserer lächerlich menschlichen Belange? Ich werde ihn nicht fragen, denn wahrscheinlich könnte ich seine Antwort nicht ertragen und er wird recht haben.
Ich sollte demütig sein, dass er mich erduldet und sich von mir nicht beschmutzt fühlt, wenn ich mir anmaße, zu versuchen, ihn in Worte zu fassen. Es kann nur ein Versuch bleiben, denn wie sollte es gelingen, etwas so Vielfältiges und Einzigartiges in nur wenige Worte zu legen? Ein Leben würde nicht reichen!
„Du, mein Morgen, der mir in den ersten Stunden die Gewissheit schenkt, einen neuen Tag begrüßen zu dürfen, auch wenn du keine Garantien gibst, ihn auch durchleben zu dürfen. So hänge ich an meinen ersten Wimperschlag die Hoffnung auf mehr.
Zürne mir nicht, wenn ich dich nicht angemessen bedenke, ich bin doch nur ein Funken im Spiel des Lebens. Du bist für mich stetiger Quell der Inspiration und aus dir schöpfe ich die erste Liebe, die unter den Sternen der Nacht zur Ruhe lag und erst mit deinem Erscheinen neu erwacht.
Sei gnädig mit mir und begrüße mich noch zahlreich, bis du meiner überdrüssig wirst. Sei dir versichert, ich werde dich immer herzlich willkommen heißen, unabhängig, wieviel Bürde der Tag für mich bereithalten mag, denn mit dem ersten Augenaufschlag wird es vergessen sein, wenn du mich mit deiner Kraft durchströmst und ich neu aus dir schöpfen darf, für den Weg, der noch vor mir liegt.“
Dem Morgen
Zu früher Stund,
will ich dich greifen,
und gebe Kund,
der Tag soll reifen.
Du schenktest mir,
den ersten Blick,
ich gebe dir,
mein Wort zurück.
In Hoffnung,
das du es erhörst,
und den Tag,
für mich betörst.