Veröffentlicht: 19.04.2024. Rubrik: Unsortiert
Wortgeplänkel
An der Diskussion, ob gendern oder lieber nicht, habe ich mich selten beteiligt. Diese Debatte erschien mir von Anbeginn an sinnfrei, die Gemüter würden sich wieder beruhigen, vermutete ich. So achte ich mittlerweile nicht mehr darauf, ob irgendeine Form des Gendern in Print- oder anderen Medien vorkommt. Ich vermag nicht festzustellen, ob sich durch einen geänderten Sprachgebrauch vorher Benachteiligte nun vollwertig fühlen. Bei meiner Distanzhaltung ist es daher verwunderlich, dass ich zu diesem Thema in eine Diskussion geraten bin, die für mich genau so absurd gewesen ist, wie die Aufgeregtheit hierzu.
Ich wurde Zeuge, wie meinem neunjährigen Enkel die ersten Schritte beim Schachspiel beigebracht wurden. Die Mutter seines Freundes war dabei die Erklärerin, eine passable Schachspielerin und aufgrund ihres Lehrerberufs auch methodisch in der Lage, solch einen Inhalt zu vermitteln. Da ich seit etlichen Jahren nicht mehr Schach gespielt habe, aber noch verwendbare Kenntnisse des Spiels besitze, blieb ich eine ganze Weile der stumme Beobachter im Hintergrund. Dann blendete ich mich ins Geschehen ein, sehr zurückhaltend, fast schüchtern, als ich feststellte, dass die zwei Neulinge die Grundzüge rasch kapiert hatten und mit Eifer bei der Sache waren; ihre Spielweise wirkte dabei trotzdem unbeholfen. Mein Eindruck, das hier benutzte Spielbrett wäre zu klein für sie. Beide hatten meiner Einschätzung nach Probleme mit dem unübersichtlichen, engen Format.
„Sollte man zum Anfang nicht besser ein größeres Brett nehmen?“........
Weiter kam ich nicht. Ohne groß den Blick in meine Richtung zu wenden, hörte ich von der Mutter des Freundes nur das Wort, 'Frau'.
„Wie, Frau?“, lautete meine erstaunte Frage.
„'frau' kleingeschrieben“, war die Antwort.
Das hatte ich sofort verstanden, mein spontanes Urteil, „so Eine also!“ Oder wollte sie mich einfach nur stumm schalten? Um das Bild eines umgänglichen Zeitgenossen nicht zu beschädigen, hielt ich mich zurück. Dennoch, ich fand es befremdlich, dass Kindern beim Erlernen eines Spiels mit einer verdrechselten Sprachweise irgendwelche Normen aufgezwungen werden sollten. Es war im Verlauf dieses Nachmittags von 'Spielenden' statt 'Spielern' die Rede, 'Gegner' ergänzte sie durch zusätzliche 'Gegner:innen'. Das fühlte sich für mich nicht richtig an. Es tat mir leid um die Kinder, aber ich griff korrigierend ins Geschehen ein, als einzelne Spielzüge besprochen wurden. So verbesserte ich bei der Erklärenden 'Turm' in 'Türmin', 'Springer' in 'Springerin', 'Läufer' in 'Läuferin', 'Bauer' in Bäuerin' bis nur 'Dame' übrigblieb; hier musste ich nicht eingreifen. Meine Korrekturen brachten mir den Vorwurf 'Störenfried' ein, worauf ich mit 'Friedin' konterte.
Zwei Erwachsene in solch einem Gespräch! Die Lehrerin bewies jedoch Humor, als sie auf den zweideutig zu verstehenden Begriff meiner Bemerkung, „klingt gut aus ihrem Munde, Sie sind ja auch eine Professionelle“, antwortete, „und sie kein Profi.“ Dies kam spontan, diesen Begriff zu gendern hatte sie erst gar nicht versucht.