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geschrieben von Federteufel.
Veröffentlicht: 14.03.2024. Rubrik: Unsortiert


Einmal Schaf, immer Schaf - eine Fabel

Am Hofe des Löwen herrschte dicke Luft, und Grimbart, der Kanzler des Löwen, war sauer. Schon wieder beschwerten sich die Schafe über die Maßlosigkeit der Wölfe. „Besonders Silberrücken“, brachte ein uralter eisgrauer Schafsbock stockend hervor, „tötet immer wieder über den Hunger. Neulich brach er in einen Kraal ein, und als er ging, lagen fünfzig meiner Brüder und Schwestern tot.“
„Silberrücken!“, donnerte der Löwe, „was sagst du dazu?“
Der alte Wolf streckte sich und stand auf. „Majestät“, sagte er mit fester Stimmen, „es ist nicht so, wie Graubart sagt. Es waren nur fünfundvierzig, nicht fünfzig. Auch tötete ich sie nicht aus Mordlust, sonders weil ich mich über sie geärgert hatte.“
„Du hattest dich über sie geärgert?“, grollte der Löwe. „Das solltest du uns näher erklären.“
„Von Alters her“, fuhr Silberrücken fort, „sind wir Wölfe es gewohnt, unsere Beute zu erjagen. Unser Mut, unsere Intelligenz, unser Mannschaftsgeist wächst mit der Ausdauer und Durchtriebenheit des Wildes. Nach fröhlicher Hatz erlegen wir die muntere Geiß, wenn sie nach Tausend Seitensprüngen entkräftet zu Boden sinkt. Mit List und Tücke locken wir den neugierigen Jungbullen von seiner Herde, um ihn nach kurzem Kampf unserer Sippe als Festmahl zu übergeben. Sogar der robuste Keiler, der wütend seine Hauer wirft, schreckt uns nicht, mag er noch so schreien und toben.“
Er bedachte Graubart mit einem vernichtenden Blick. „Alle fliehen, wenn sie uns wittern, wehren sich, kämpfen, schreien um Hilfe, nur die Schafe nicht.“
„Komm endlich zur Sache, Alter“, zischte Grimbart, der Kanzler.
„Euer Ehren“ sagte der Wolf, „ich spreche nicht für mich, sondern für die gesamte Wolfheit. Die Schafe haben keinerlei Respekt mehr vor uns. Sie verhalten sich, als seien wir weniger als Luft. Sie drücken sich in eine Ecke des Stalls und lassen sich klaglos abschlachten. Ich habe hunderte getötet, und keines wehrte sich. Das ist auf die Dauer deprimierend.“
„Ja warum denn wohl?“, rief Graubart, der Bock, mit sprühenden Augen, „wir werden eingesperrt, bewacht, sind nicht frei in unseren Entscheidungen. Hat eines mal den Mut, etwas weiter weg zu grasen, kommt gleich der schwarze Wächter und treibt es zurück. Wie soll sich da Kampfgeist entwickeln?“
„Elefanten!“, rief der Löwe, „reißt die Zäune ein, zerstört die Ställe, verjagt die Wächter! Die Schafe sollen in Freiheit leben und sich im Alltag bewähren!“
„Oh, Majestät, bitte nicht die Freiheit“, rief Graubart und fiel auf die Knie, „wir sind ein beschauliches Leben gewohnt! Ein Dasein in freier Wildbahn würden die meisten von uns nicht überleben. Befiehl lieber den Wölfen, sich zu mäßigen.“
„Schweig!“, donnerte der Löwe, bleich vor Wut, „kein Wort mehr! Markward, ruf die Elefanten zurück und ihr Wächter, bringt den Bock zurück in seinen Stall.“
Er wandte sich an Silberrücken. „Und ihr, Wölfe“, sagte er, „tut, was euch eure Natur gebietet. Aber übertreibt nicht.“
„Dacht ich´s mir doch“, feixte der Fuchs, „einmal Schaf, immer Schaf.“

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Jens Richter am 15.03.2024:

Hallo Federteufel,
Deine Fabel ist sehr schön und anschaulich beschrieben.
Sie passt irgendwie in die heutige Zeit, wo die Bürger alles ungeprüft glauben, was die ÖR vorbeten.
Auf jeden Fall habe ich sie sehr gern gelesen.
Viele Grüße, Jens




geschrieben von Federteufel am 15.03.2024:

Danke, Jens Richter, für deine Kommentare.
Viele Grüße, Federteufel




geschrieben von Babuschka am 16.03.2024:

Mir fällt dazu ein Sprichwort ein:
"Lieber ein Tag Wolf, als hundert Tage Schaf."
Mit lieben Grüßen, Babuschka




geschrieben von Federteufel am 17.03.2024:

G. J. Caesar:
Lieber in einem gallischen Dorf der Erste als in Rom der Zweite.

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