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2xhab ich gern gelesen
geschrieben 2022 von Erzähloma.
Veröffentlicht: 22.08.2023. Rubrik: Unsortiert


Schnäppchenjagd

Draußen vor meinem Fenster schien die Sonne so verlockend zwischen den Wölkchen am weißblauen Himmel, da zog es mich ins Oberland, ganz spontan und kurzentschlossen. Als moderne Frau habe ich auf der Suche nach einem Schnäppchen sogleich das Internet zu Rate gezogen, bin auf accomodations.com gelandet. Ein einladendes, bayerisches Landhaus-Hotel machte auf mich einen vielversprechenden Eindruck.

Früher hatte ich schon zweimal über diese Seite gebucht, einfache Hotels gefunden, sehr einfach, naja, eher gewöhnungsbedürftig. Ja gut, da hatte ich zu sehr auf meine Robustheit in diesen Dingen vertraut, mich deshalb vom günstigen Preis überrumpeln lassen.

Nachdem ich aber durchaus lernfähig bin, habe mich diesmal eine Unterkunft mit höherer Sternenzahl gegoogelt. Das 'Benedikts' verhieß unbeschwerte Ferientage, wahlweise mit Seeblick, oder Sicht auf die Berge, Zimmer mit Bad, Haarföhn, und all dem Schnickschnack, den ein Gast halt so braucht. Ich kam also an, die Landschaft war herrlich, die Unterkunft wirkte einladend. Ich umkreiste das Haus auf der Suche nach einem Zugang. Aber ergebnislos, denn es schien keinen Eingang zu geben. Ein Skiraum war ausgezeichnet, zwei verschlossenen Türen aus dickem Holz begegnete ich, die eine lud in den Frühstücksraum ein, an der anderen baumelte ein Schild mit der Aufschrift 'Gäste'. Keine Klingel, keine Pforte, nichts dergleichen, alles lag wie ausgestorben da. „Ilona, da hast du wohl den Eingang nicht gefunden. Wie kann das sein?“, raunte ich mir kopfschüttelnd zu und umkreiste weiter. Vorne winkte der versprochene, naturbelassene Badeteich im sonnigen Garten, nur Wiese, Büsche, Bäume, kein Einlass. Zum Glück sind schließlich ein paar versprengte Gäste aufgetaucht und lachten: „Nein, hier gibt es keinen Eingang!“ Es hat sich tatsächlich um ein 'vollautomatisches Hotel' gehandelt, dessen einziger Zugang in einem metallenen Kasten versteckt neben der Pforte angebracht war. Zugegeben, es pendelte noch ein verblasstes Schild im Fenster mit einer altmodischen Telefonnummer. Diese hat mir im dritten Anlauf dann de facto weitergeholfen, den Zimmerschlüssel mit Hilfe eines elektronischen Codes aus dem Spind zu angeln. Notgedrungen habe ich mit sofortiger Wirkung beschlossen, mir endlich ein Smartphone zuzulegen, um in der heutigen Zeit der Sonderangebote zurechtzukommen, in der dem unglücklichen Schnäppchenjäger statt freundlichem Personal nur noch ein formal korrekter Internet-Link begegnet.

Wider Erwarten gestaltete sich mein Aufenthalt sehr angenehm. Ich wurde für die anfänglichen Verirrungen nicht zuletzt durch einen fürsorglichen Koch entschädigt, der das Frühstück kredenzte und mir frisch zubereitetes Rührei eigenhändig an den Tisch brachte. Vielleicht sollte ich bald noch einmal hinfahren in diese landschaftliche Idylle, bevor auch diese freundliche Bedienung durch einen Roboter ersetzt wird.

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