Veröffentlicht: 10.11.2018. Rubrik: Lustiges
Alice
Es war einmal ein Paar im Dorfe Krähwinkel, das bekam ein Töchterchen. Und da die Eltern in der Zeitung den Namen Alice gelesen hatten und ihn hübsch fanden, nannten sie das Mädchen so. Leider wussten sie nicht, dass die Aussprache dieses Namens problematisch ist. Völlig selbstverständlich sagten sie „Aliize“, was sich auf den Namen ihrer Katze Mieze reimte.
Das Mädchen war begabt und wechselte nach der Grundschulzeit im Dorf auf das Gymnasium in der Kreisstadt. Dort erfuhr es zum ersten Mal, dass die Aussprache seines Namens mit ‚z‘ falsch war. Die deutsche Aussprache sei ‚Aliiße‘, die englische ‚Ällis‘ und die französische ‚Aliis‘.
Die Schülerin war verwirrt. Wie hieß sie denn nun? Je nachdem, was ihr gerade besser gefiel, nannte sie sich fortan Aliiße, Ällis oder Aliis. Daheim in Krähwinkel blieb sie die Aliize.
Eines Tages bekam sie einen neuen Mitschüler. Mit Staunen stellte sie fest, dass er dasselbe Problem hatte wie sie. Er hieß Roger, was von seiner Mutter deutsch und von seinem Vater französisch ausgesprochen wurde, während er selber die englische Aussprache bevorzugte.
Gemeinsames Schicksal verbindet. Die beiden wurden ein Paar. Alice (die sich inzwischen für die französische Ausspracheversion entschieden hatte) und Roger (englisch) machten ihr Abitur und studierten, und als jeder von ihnen eine gute Anstellung gefunden hatte, befanden sie, dass es schön wäre, zwei Kinder zu haben.
„Sie sollen aber Namen bekommen, die überall auf der Welt gleich ausgesprochen werden“, sagte Alice. Roger stimmte ihr zu: „So einen Wirrwarr, wie wir ihn durchmachen mussten, wollen wir ihnen ersparen.“
Und so gründeten Alice und Roger eine Familie. Ihr Sohn Ben und ihre Tochter Anna hatten niemals Probleme mit ihren Vornamen, weder in der weiten Welt noch bei den Großeltern in Krähwinkel. Alle waren glücklich, und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.