Veröffentlicht: 16.04.2022. Rubrik: Nachdenkliches
Die Linde auf der Anhöhe
Die alte Linde steht allein auf der Anhöhe. Bedächtig und lebenserfahren schaut sie auf das Feld, den angrenzenden Wald und auf das Dorf.
Sommerhitze und Winterkälte, Sturm und manches Unwetter zogen über sie hin. Menschengeschlechter kamen und gingen, gute und böse Zeiten, Kriege und Frieden wechselnden einander ab, aber die Linde wuchs und gedieh. Ihr stattlicher Wuchs und der Duft ihrer Blüten erfreuen die Menschen. Vögel singen in ihrem Blütendach, tausende von Bienen summen in ihm zur Blütenzeit und sammeln süßen Honig. Wie alt sie wirklich ist, vermag niemand zu sagen. Die Menschen lieben ihre Linde und erfreuen sich an ihrer Standhaftigkeit. Sie setzen sich gern auf die Steinbank in ihrem Schatten und schauen auf die idyllische Landschaft. Unter diesem dichten Blätterdach wurden im Mittelalter Dorfgerichte und Ratsversammlungen abgehalten. Es wurde Recht gesprochen und es bestand die Pflicht diese Urteile und Beschlüsse im Freien zu verkünden.
Heute sitzen die Menschen hier, um den Ausblick zu geniesen. Sie finden hier Ruhe und innere Einkehr.
Von der alten Linde aus schlängelt ein schmaler, ausgetretener Feldweg hinunter zum Dorf und zum angrenzenden Wald. Der Wegrain ist bewachsen mit Gräsern und bunten Wildblumen. Insekten, Schmetterlinge und Grasmücken haben hier ihren Lebensraum; Lerchen singen oder jagen Mücken; Mäusebussarde segeln lautlos über das Feld und halten Ausschau nach Beute.
Das Dorf hat sich von den vergangenen Kriegen und Misswirtschaften immer wieder erholt. Heute ist es schöner wie zuvor. Gepflegte restaurierte Fachwerkhäuser und neugebaute Häuser ergänzen sich ästhetisch. Die kleine Dorfkirche und der Friedhof befinden sich ausgangs des Dorfes zum Wald und werden von den Einwohnern instantgehalten und gepflegt. Trotzdem ist die Kirchgemeinde geschrumpft. Nur noch Wenige besuchen regelmäßig die Gottesdienste. An Ostern und Weihnachten nehmen Einige mehr die Predigt des Pfarrers zur Kenntnis.
Im angrenzenden Mischwald wachsen Buchen, Eichen und Ahorn, aber auch Lärchen und Fichten. Die Einwohner lieben diesen Wald. Sie gehen dort oft spazieren, naschen Himbeeren und Brombeeren oder machen sich die Mühe Heidelbeeren zu sammeln. Im Herbst trifft man sie oft mit Körben in der Hand auf der Suche nach Pilzen.
Ein geharkter Kiesweg führt zu einem Ehrenhain. Hier wird den im 2.Weltkrieg gefallenen Sowjetsoldaten, darunter auch Russen und Ukrainer, gedacht.