Veröffentlicht: 15.01.2022. Rubrik: Unsortiert
Cohns Margarete oder Duzen im Plural
Vor einigen Jahren feierten wir unser 50- jähriges Klassentreffen. Daran nahmen auch ehemalige Lehrer teil. Während des Treffens erhoben die Lehrer ihr Glas und boten allen Anwesenden das Du an. „Es wird langsam Zeit, dass wir uns duzen“, sagten sie.
Mir fällt es nach dieser langen Zeit immer noch schwer, dem gewohnten und respektvollen Sie einem vertraulichen Du den Vorzug zu geben.
Kürzlich, als ich meinen Heimatort besuchte, traf ich beim Spaziergang ein Ehepaar, welches in meiner Klasse jahrelang unterrichtete und uns das Du während des Klassentreffens angeboten hatte. Sie, Käthe W. unterrichtete uns in Mathematik. Er, Willi W. in Biologie und Chemie.
Willi W. verstand es den Unterricht interessant und lebendig zu gestalten. Als wir im Biologieunterricht die Spurenelemente der Pflanzen behandelten, schrieb er einmal folgenden Satz an die Tafel: „Cohns Margarete kocht prima Kaffee“. Wir rätselten alle, was er wohl damit meinen könnte. Die Lösung war dann ganz einfach. Es war eine Eselsbrücke für die Spurenelemente der Pflanzen (C, O, H, N, S, Mg, K, P, Ca, Fe,). Diesen Spruch vergesse ich nicht und ich bringe ihn auch immer mit Willi W. in Verbindung.
Käte W. unterrichtete uns ab 5.Klasse an in Mathematik. Sie trainierte uns im Kopfrechnen und übte das Überschlagrechnen regelmäßig. In Vorbereitung auf die Arbeit mit dem Rechenstab und der Zahlentafel waren diese Übungen sehr wichtig und notwendig. Das Überschlagrechnen habe ich nach wie vor intus und nutze es beim Einkauf im Supermarkt. Das genaue Kopfrechnen übe ich, wenn unsere Kleingeldschale geleert werden muss. Beim Einkauf rechne ich den Gesamtbetrag meiner gekauften Waren im Voraus aus, zähle das Kleingeld auf den Cent genau ab und lege es auf die Ladentheke, bevor der Bon gedruckt wird. Die zumeist jungen Kassiererinnen schauen mich dann mit aufgeschlagenen Augenwimpern an, zählen das Geld anstandslos, legen es in die Ladenkasse und verabschieden mich oft mit: „Auch Ihnen einen schönen Tag“.
Erstaunt, dass Käte und Willi W. meinen Vornamen noch kannten, als wir uns begrüßten, beantwortete ich ihre Frage nach meinem Befinden kurz mit: „Ja, mir geht es gut“. Ihre Vornamen, auch weil ich sie in ihrem Beisein noch nie benutzt habe, waren in diesem Augenblick meinem Gedächtnis entschwunden. Den Familiennamen wollte und sollte ich nicht verwenden. Also fragte ich: „Und, … wie geht es Euch?“ Ich merkte, dass mir das Duzen im Plural gar nicht so schwerfällt.