Veröffentlicht: 11.07.2021. Rubrik: Unsortiert
Die Giftmail
Hallo, ich heiße Mara und muss euch erzählen, was ich gestern erlebt habe.
Ich saß an meinem Computer, als eine E-Mail einging. Die Absenderin Sandra Miller war mir unbekannt. Im Feld „Betreff“ las ich die drei Buchstaben SOS, und der Text bestand nur aus einem einzigen Wort: GIFT.
Instinktiv rief ich die Polizei an. „Kann ich Ihnen die Mail schicken? Wahrscheinlich hat die Absenderin Gift zu sich genommen und ruft jetzt um Hilfe. Ich weiß aber nicht, wer sie ist.“
„Ja, leiten Sie die Mail bitte an uns weiter.“
Ich folgte der Aufforderung und war danach erleichtert, mein Möglichstes getan zu haben.
Erst jetzt sah ich mir die Mail genauer an. Wo mochte die Unbekannte wohnen? Der Provider ließ keine Rückschlüsse auf das Herkunftsland zu.
Und auch der Name Sandra Miller klang international. War sie überhaupt deutschsprachig? SOS versteht man auf der ganzen Welt. Die Mail war zweifellos ein Notruf. Aber war mit GIFT tatsächlich eine todbringende Substanz gemeint?
Wahrscheinlich ja, dachte ich, denn nur sie würde den Hilfeschrei SOS erklären. Im Englischen bedeutet GIFT ‚Geschenk‘, und wegen Geschenken würde man ja keinen Notruf absenden, nicht einmal wegen ungeliebten.
Zu gern wollte ich wissen, wie die Sache weitergegangen war. Um jedoch nicht unnötig das Telefon der Polizei zu blockieren, schickte ich ihr schließlich eine Mail mit der Bitte, mich zu informieren, sobald Näheres bekannt sei.
Tatsächlich ging zwei Stunden später eine Mail der Polizei ein, in der diese sich zunächst sehr bei mir bedankte. Ich hätte völlig richtig gehandelt. Dann las ich weiter:
„Wir haben die Absenderin ausfindig machen können. Die Mail war ein Irrläufer. Sie war als Spaß für Freunde gedacht, und wir haben die Absenderin ermahnt, solche Geschmacklosigkeiten fortan zu unterlassen. Sandra Miller heißt ab heute Sandra Olesen Storm, also ‚SOS‘, weil sie einen Dänen geheiratet hat, und ‚verheiratet‘ heißt auf Dänisch GIFT!“