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geschrieben von Weißehex.
Veröffentlicht: 04.08.2020. Rubrik: Unsortiert


Der Mann am Strand 8. und letzter Teil

Ehe Fernandes überhaupt dazu kam, sich zu äußern, wurde an der Pforte Sturm geklingelt. Er hörte, wie sich seine Sekretärin nach dem Namen desjenigen erkundigte, der so dringend mit der Polizei sprechen wollte, dann summte der Türöffner und Cristina Ferreira stürmte in das Büro.
„Hallo, Herr Kommissar! Ich weiß, wer der Mörder ist", platzte sie heraus. „Pedro war es."
„Haben Sie Beweise?" fragte Fernandes gelassen.
Triumphierend zog Cristina einen Brief hervor. „Den hat Pedro mir geschrieben. Darin gesteht er alles."
„Darf ich das Schriftstück einmal sehen?" verlangte Fernandes. Er nahm den Brief an sich und überflog die wenigen Zeilen.

„Liebe Cristina,

ich habe mich entschlossen, dir etwas zu gestehen. Ich habe Jacques getötet, deinen angeblichen Bruder. Ich wusste, dass er nicht dein Bruder war, aber ich wollte ihn nicht töten. Er stand vor ein paar Tagen vor deiner Haustür, gerade, als ich zu dir kommen wollte. Ehe er noch klingeln konnte, sprach ich ihn an, und es stellte sich heraus, dass er bei dir übernachten wollte. Ich fragte ihn, was er bei meiner Freundin zu suchen hatte, und wir gerieten in Streit, dann haben wir uns geprügelt. Ich wollte ihn fortjagen, dabei lief er auf das Grundstück von Senhor da Silva, wir prügelten uns und er fiel in den Teich. Ich sprang hinterher und wir prügelten uns weiter. Der Teich ist ja nicht tief, ich hätte nie gedacht, dass darin jemand ertrinken kann. Als er nicht mehr auftauchte, habe ich ihn gesucht, an Land gezogen und Wiederbelebungsmaßnahmen versucht, aber es nutzte nichts mehr. Ich dachte, wenn er am Teich gefunden wird, werde ich sofort verdächtigt, deswegen habe ich ihn zum Strand gebracht. Es tut mir leid. Es war ein Unfall. Ich gehe fort.
Dein Pedro."
„Der Brief wird von einem Graphologen untersucht", sagte Fernandes. „Wir müssen feststellen, ob wirklich Pedro ihn geschrieben hat."
„Glauben Sie mir etwa nicht?" Cristina schien eher verwundert als darüber betroffen zu sein. „Ich meine... Er hat gestanden... Es ist doch klar?"
„Auch bei einem Geständnis braucht man Beweise."
Dann wandte Fernandes sich an Marcelina le Butet.
„Wir brauchen noch eine Zeugenaussage von Ihnen, da Sie den Rucksack wieder erkannt haben. Und ich wüsste auch gerne, warum Jaques so viel Geld dabei hatte."
„Verhaften Sie diesen Mann jetzt endlich?" fragte Marcelina in energischem Ton, doch Fernandes schüttelte den Kopf. „Er hat nur den Rucksack mit dem Geld gefunden und ihn hergebracht. Kein Grund, ihn zu verhaften."
Fernandes griff nach dem Telefon, rief den Rechtsmediziner an und beauftragte ihn, das Wasser in Miguels Teich zu untersuchen und festzustellen, ob Partikel davon in der Lunge des Toten nachzuweisen waren.
'Fürs erste kann Madame le Butet ihn nicht mitnehmen', dachte er.

Tamara war entsetzt zurückgewichen. Es konnte doch nicht sein, dass Heiko wirklich der Täter war..... Und wie hätte er das eigentlich anstellen sollen? Sie waren zusammen am Urlaubsort angekommen und hatten seitdem die Zeit gemeinsam verbracht.
„Das hättest du nicht von mir gedacht, was?" Heiko lachte höhnisch.
„Gib mir sofort mein Handy zurück!"
„Wozu? Damit du dann doch die Polizei anrufst?"
Tamara starrte ihn an. „Warum hast du den armen Kerl umgebracht?"
„Was? Ich habe überhaupt niemanden umgebracht. Du hast ja nicht mehr alle Tassen im Schrank."
Tamara war verwirrt. „Aber .....Warum hast du dann Angst, ich könnte die Polizei angerufen haben?"
Heiko ließ sich rückwärts in den Sand fallen und warf ihr das Handy hin. „Ruf die Polizei ruhig an, es ist sowieso alles egal. Ich schätze, wir werden uns einige Jahre nicht mehr sehen. Außer du kommst mich im Knast besuchen." Er saß im Sand, verschränkte die Arme über den Knien und ließ seinen Kopf darauf fallen.
„Heiko, was zum Teufel ist eigentlich los? Wenn du nicht der Täter bist, musst du doch nicht ins Gefängnis."
„Schon mal was davon gehört, dass man auch andere Taten begehen kann?" antwortete er dumpf. „Ich habe verdammt großen Mist gebaut, habe in meiner Firma Geld unterschlagen. Deswegen hat man mich entlassen. Ich wollte den Urlaub dazu nutzen, mal endlich über alles nachzudenken und was ich nun mit meinem Leben anfangen kann. Ich hatte gehofft, eventuell hierbleiben zu können. Vielleicht unter anderem Namen. Und ich hatte gehofft, du würdest mir vielleicht dabei helfen, vielleicht bei mir bleiben, auch wenn ich dir die Wahrheit sage. Ich hatte vor, dir das ganz in Ruhe zu sagen und alles Weitere mit dir zu besprechen. Und dann taucht der tote Kerl am Strand auf und alles verläuft ganz anders und du hast nur noch ein Thema und hältst mich schließlich sogar für einen Mörder. .....verdammte Scheiße."
„Wieso hast du Geld unterschlagen?"
„Hab mich verspukuliert, ich hatte ein paar Wetten laufen. Pferderennen. Eigentlich hatte ich immer todsichere Tipps. Dann habe ich paarmal aufs falsche Pferd gesetzt und viel verloren. Aber ich wollte immer wieder wetten und dazu brauchte ich Geld. Also habe ich es mir aus der Firmenkasse ... geliehen. Ich wollte es ja zurückgeben, sobald ich wieder gewonnen hatte. Das passierte nur nie. Eine Kollegin kam dahinter und sagte dem Abteilungsleiter Bescheid und der dem Chef und dann wurde mir fristlos gekündigt. Auch meine Vermieterin bekam Wind davon und kündigte mir die Wohnung. Angeblich wegen Eigenbedarf, aber ich bin mir sicher, dass irgendwer ihr die ganze Geschichte gesteckt hat und sie mir deswegen gekündigt hat. Wenigstens nicht fristlos, zwei Monate bleiben mir jetzt noch. Ist aber sowieso egal, wenn ich wegen Unterschlagung in den Knast gehe."
Tamara war wie vom Donner gerührt. Einerseits war Heiko kein Mörder - wie sie richtig vermutet hatte, hätte er gar nicht die Möglichkeit dazu gehabt, ohne dass sie es mitbekommen hätte, seit sie im Fischerdorf an der Algarve angekommen waren. Aber dass er viel Geld unterschlagen haben sollte, behagte ihr auch nicht.
Heiko sah sie nun wieder an. „Ich habe verdammten Mist gebaut, Tamara. Willst du mich trotzdem noch?"
Langsam setzte sie sich neben ihn in den Sand. „Ich habe keine Ahnung", sagte sie.

September 2016
Faro

Fernandes saß am Frühstückstisch und schlug die Zeitung auf. Heute war sein erster Urlaubstag. Seine Koffer waren gepackt; morgen ging es nach Frankreich. Marcelina le Butet hatte ihn eingeladen, zum Dank dafür, dass er den Fall so schnell aufgeklärt hatte.
Es klingelte. Das musste Silva sein, dem er noch einige Instruktionen mit auf den Weg geben wollte. Silva sollte ihn während seines Urlaubes vertreten.
Bald saßen die beiden Männer bei einer Kanne Kaffee am Tisch und besprachen noch einmal den Albufeira-Fall.
„Diese Cristina Feirrera hat wirklich Riesenglück gehabt", sagte Silva. „Fälscht ein Geständnis und führt uns so aber auf die richtige Fährte."
„Sie wird damit trotzdem nicht einfach so davonkommen. Auch wenn sie sich in eine Art Liebeswahn dem Toten gegenüber reingesteigert hat. Die psychologische Untersuchung deswegen ist auch noch nicht ganz abgeschlossen." Fernandes schenkte sich Kaffee nach. Silva winkte dankend ab.
„Meinen Sie nicht, sie hat diesen Liebeswahn nur vorgespielt?"
„Möglich wäre es. Vielleicht wollte sie auch ihrem Freund eins auswischen... Das wissen wir nicht."
„Ein Unfall war es immerhin wirklich, Pedro hatte nicht die Absicht, Jacques zu töten."
„Ich denke auch, dass er einfach nicht damit gerechnet hat, dass ein Erwachsener in einem Teich etrinken kann."
Die beiden Männer schwiegen eine Weile, dann tippte Silva auf die Zeitung, die Fernandes aufgeschlagen auf dem Tisch liegen gelassen hatte. „Hier steht was Interessantes drin. Ist zwar nicht unser Ressort, aber vielleicht haben Sie es ja gelesen. In Albufeira soll sich ein Betrügerpärchen herumtreiben."
„Ich war gerade erst auf der zweiten Seite." Fernandes blätterte die Zeitung durch. Unter „Lokales" sprang ihm die Meldung entgegen, dass ein Mann und eine Frau in mehreren Pensionen logiert haben sollten, ohne die Zeche zu bezahlen. Möglicherweise würde es sich bei dem Mann um einen Deutschen handeln, der in seiner Heimat schon Unterschlagungen begangen haben sollte.
Ein unscharfes Bild des Pärchens war auch abgebildet. Fernandes betrachtete es.
„Erinnert mich an jemanden", sagte er.
„Wie gesagt, ist ja nicht unser Ressort."
Fernandes nickte. Er hatte auch nicht die Absicht, Silva seine Entdeckung zu erzählen. Auch wenn das Bild nicht besonders scharf war, er hatte die beiden längst erkannt. Sie hatten damals den toten Mann am Strand gefunden.
Eine Stunde später verabschiedete sich Silva.
„Schönen Urlaub wünsche ich Ihnen!"
„Vielen Dank!" Fernandes schloss die Tür, ging zum Tisch, nahm die Zeitung und warf sie ins Altpapier.


ENDE

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

Einen Kommentar schreiben

geschrieben von Nordlicht am 05.08.2020:

Ein gelungener Abschluss des Urlaubskrimis.




geschrieben von Weißehex am 07.08.2020:

Vielen Dank!




geschrieben von die Juditha am 09.08.2020:

hab alle Teile gerne gelesen. Wirklich interessante Ideen dabei. Sag bescheid, wenn du deinen ersten Kriminalroman verlegst. Ich kauf mir dann ein Exemplar :o))




geschrieben von Weißehex am 11.08.2020:

@die Juditha Wirklich? ☺️ Ich fühle mich sehr geschmeichelt. LG Weißehex

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