Veröffentlicht: 10.07.2020. Rubrik: Persönliches
Ich weiß, wie es sich anfühlt...
Ich hatte es schon fast vergessen, dieses Gefühl achtsam sein zu müssen. Die Signale deuten zu müssen. Immer auf der Hut zu sein, wenn er da war. Oder auch nicht. Er konnte manchmal ganz überraschend erscheinen und wieder verschwinden. Und erstaunlicherweise ließ sich die Wohnungstür in keiner Weise auch nur für fünf Minuten so verschließen, dass er nicht hereinkam.
Jeden Morgen war ich froh, wenn er endlich zur Arbeit ging. Aber damit hatte er es nie eilig, denn abends kam er immer spät zurück. Aber man konnte sich nie sicher sein. Auch nicht, in welcher Stimmung, und was er dann mit mir vor hatte. Zwei mal hatte ich einen Fehler gemacht. Einmal wäre ich ohne meinen Hund jetzt tot, was ich im Augenblick gar nicht so uncool finde. Das andere mal hatte ich versucht "Nein!" zu sagen, bis ich mich erinnerte, dass 'nein' keine Option ist. In die Ecke gedrängt, mein Hund im Kofferraum lag ich danach vor Schmerzen halb betäubt auf dem gerade nach der Feier leer geräumten Arbeitstisch. Irgendwann schleppte ich mich heim...
All das hatte ich schon fast vergessen, als die Beamtin im Gemeindebüro mich zurecht wies, als ich sie höflich bat, meine Adresse nicht öffentlich zu machen: "Das ist doch ein kein Wunschkonzert. Wird ihr Leben bedroht oder so?" Nein, wahrscheinlich zur Zeit nicht. Aber wenn, dann wäre ich tot.
(Diesmal wünschte ich, es wäre eine erfundene Geschichte.)