Veröffentlicht: 27.10.2017. Rubrik: Nachdenkliches
Mecki dick und rund.
Mecki dick und rund.
Es war die Zeit im Jahr, als der Sommer sich dem Ende zuneigte. Die Sonne versank jeden Abend etwas tiefer hinter den Tannen, und machte den Weg frei, für die jeden Tag früher beginnende Dunkelheit. Im Haus ließ man die Jalousetten herunter. Mitunter konnte ich währenddessen beobachten, wie sich ein Igel unter dem Gartenzaun hindurchzwängte, um auf das Grundstück zu gelangen.
Es machte mich schon neugierig zu wissen, wo sein allabendlicher Weg entlang führen würde. Im Dämmerlicht verlor ich ihn auch mal aus dem Blickfeld. Dann konnte ich deutlich hören, dass hinter einem Feldstein, der zur Zierde aufgestellt war, und der von schattenspendenden Pflanzen umgeben war, ein schmatzendes Geräusch herdrang. Mecki hatte offenbar in der Natur eine Mahlzeit gefunden, die er sich genüßlich zuführte. An Nachschub solcher Leckerbissen für einen Igel dürfte es nicht gefehlt haben, denn ich entdeckte tagsüber immer wieder mal unter den Blättern solch ein für mich eher lästiges Getier. Nicht jeden Abend bekam ich meinen Mecki zu Gesicht, denn er machte wohl
seinen nächtlichen Beutezug nicht nach der Uhr. Wenn es mal ein paar Tage nicht zu einem Rendezvous gekommen war, dann dachte ich auch daran, das der Nahrungsvorrat für Mecki wohlmöglich erschöpft war?
Je mehr der Herbst sich dem Ende zuneigte, umso stärker
beschäftigte mich der Igel. Ich wollte meinen Mecki am liebsten schon jetzt dick und rund sehen, damit er unbeschadet über den Winter kommt. Eines Abends trollte er wieder mal über den Rasen, aber diesmal ohne Rast einzulegen. Konnte er jetzt tatsächlich nichts mehr finden, fragte ich mich? Es gab einen Ausweg, um Mecki aus einer möglichen Notlage zu helfen. Ich besorgte in einer Zoohandlung ein Packet Igelfutter. Ein geeignetes Behältnis war schnell gefunden, um den Igelschmaus anbieten zu können. Ich wählte eine Stelle aus, auf der Mecki bislang immer seinen Weg genommen hatte. Dort plazierte ich die kleine Schüssel , deren Inhalt sogar für das menschliche Auge recht ansehnlich war. Was für ein schönes Gefühl hatte ich, als ich am nächsten Morgen nur das leere Geschirr zu Gesicht bekam. Mecki hatte sich offensichtlich den Bauch gefüllt. Zu gerne hätte ich ihn heimlich beobachtet, wenn er sich an der kleinen Schüssel bediente. Draußen war es am Abend und in der Nacht schon unangenehm kalt, sodass ich von nächtlichen Beobachtungen Abstand nahm.
Ich hatte ja jeden Morgen den Beweis, dass mein Igel zur Fütterung anwesend war und das beruhigte mich ungemein. Inzwischen war das Jahr soweit vorangeschritten, dass die erste Kerze am Adventskranz
leuchtete. Die Igelmahlzeit wurde immer noch bereit gestellt, die geleerte Schüssel wurde gereinigt, um am Abend wieder bereit zu stehen. Wenn ich doch nur meinen Mecki mal zu Gesicht bekommen könnte, er müßte ohne Zweifel an Umfang zugenommen haben.
Eines Morgens, es war recht früh, ich war alleine in unserer Küche. In der Stille, von der das Haus umgeben war, konnte ich ein Geräusch von draussen vernehmen. Es war ganz deutlich zu hören, wie die Igelschüssel auf der Gehwegplatte bewegt wurde. Jetzt hatte ich doch noch das Glück, meinen Kostgänger Mecki bei der Mahlzeit zu sehen. Von der Strassenlaterne fiel ein fades Licht auf die Rasenfläche.
Es war nicht mein Mecki dick und rund, den ich vermutet hatte.
Es war Nachbars Katze, die sich an der Igelschüssel gütlich tat. Sie hatte sich wohl schon längere Zeit bedient, während mein Igel sich schon in seinem Unterschlupf begeben hat, ...zum Winterschlaf.
Ende