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6xhab ich gern gelesen
geschrieben 1990 von Rautus Norvegicus (Rautus Norvegicus).
Veröffentlicht: 22.02.2025. Rubrik: Spannung


Der Stein der Weisen

Krampfhaft zog sich sein Magen zusammen, ihm war schlecht, fast hätte er sich übergeben. Atze Vogt musste jeden Augenblick kommen.

Vogt, ein mieser, kleiner Ganove, der sein Lebensunterhalt
mit Erpressungen, Diebstählen und brutalsten Körperverletzungen, für die er sich bezahlen ließ, bestritt!

Irgendwie war es ihm vor zehn Monaten gelungen, ihn während einer eindeutig erotischen Beschäftigung mit der Ehefrau seines Geschäftspartners zu filmen.

Und seit 10 Monaten wurde er, Karl-Heinz Meyer, Inhaber eines florierenden Juwelier Geschäftes, von ihm erpresst. Erpresst! Was für ein verharmlosendes Wort, bis aufs Mark saugte ihn dieser Gauner aus!

Heute sollte wieder Zahltag sein. Er zuckte erschreckt zusammen, als er von einem kleinen Kieselstein am Hinterkopf getroffen wurde. Hinter sich hörte er das meckernde Gelächter von Vogt, der den Stein geworfen hatte.

Karl-Heinz drehte sich um, wobei er um ein Haar das Gleichgewicht verloren hätte und in den Tümpel gestürzt wäre, der stinkend in der Mitte der Kiesgrube lag.

Diese alte Kiesgrube war Monat für Monat der Übergabeplatz für 3000 € Schweigegeld. „Fall nur nicht hin, mein kleiner Goldesel“, vernahm er die Stimme seines Ausbeuters hinter sich, „dir könnte etwas passieren, und wer sorgt dann für meine Familie, hä?“ Meyer schoss das Blut in den Kopf. Musste er sich denn von dieser Ratte auch noch verhöhnen lassen?

Aber er zwang sich zur Ruhe. „Hallo Atze,“ sagte er und quälte sich ein Lächeln ab.

„Du, ich kann dir diesmal nur 500 € geben. Meine Frau liegt im Krankenhaus, da muss ich als Selbständiger die Kosten erst einmal selber tragen.“ Er lächelte wie zur Entschuldigung zu Atze Vogt hinüber und hasste sich direkt für dieses Lächeln!

Gleichzeitig hoffte er, dass diese sachlichen Argumente bei Vogt auf Verständnis stoßen würden, doch dieser schüttelte energisch den Kopf:

„Nee, nee, ist nicht drin! Meine Tochter wird nämlich nächste Woche 18, da müssen wir ihr ein Auto kaufen. Und außerdem... „ Atze schaute ihn unschuldig an, „du hast ihr ja auch den Führerschein finanziert, da ist es deine Pflicht, auch dafür zu sorgen, dass sie ein Auto bekommt!“

„ Aber ich kann nicht, sieh das doch ein!“ Von Meyers Gesicht war das grimassenhafte Lächeln verschwunden und hatte einem zornigen Zähnefletschen Platz gemacht.

„Nein, entweder 3000, oder deine Frau bekommt ein kleines Filmchen von ihrem Mann. Und die feine Gesellschaft, in der du noch verkehrst, ebenfalls! Deinen Laden kannst du dann zumachen, wer kauft schon bei einem Mann, der nur an sein Vergnügen denkt, während seine Frau schwerkrank im Krankenhaus liegt?“

Er wandte sich zum Gehen. „Also morgen, 19:00 Uhr und wie immer 3000, ist das klar!“ Karl-Heinz Meyer zitterte am ganzen Körper und merkte, dass Reden bei diesem Menschen keinen Sinn ergab. Er sah nur noch einen Ausweg.

Er hob einen kantigen, etwa kindskopfgroßen Felsbrocken vom Boden auf und erreichte mit drei schnellen Schritten Atze Vogt, der seelenruhig zu seinem Auto schlenderte.

Er holte aus und schlug ihm den Stein, den er in beide Hände genommen hatte, mit aller Kraft auf die Schädelplatte, die knirschend zersplitterte wie ein rohes Ei.

Karl-Heinz Meyer hatte das gefunden, wonach schon die Alchimisten des Mittelalters vergeblich gesucht hatten: Den Stein der Weisen, der alle Probleme löst!

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Marlies am 23.02.2025:
Kommentar gern gelesen.

Ui ui uio Rautus ,
Mein erster Impuls war hä, hat der Erpresser doch selber schuld.
Aber nein so einfach ist es natürlich nicht.
Wie viel einfacher ist es im Leben zu seinen Fehlern zu stehen und mit den Konsequenzen zu leben.
Meine Oma hat früher immer gesagt wer sich eine Suppe auffüllt, muss sie auch auslöffeln
Du hast mich heute morgen wirklich schon zum Denken gebracht alleine das zählt :)))




geschrieben von Rautus Norvegicus am 23.02.2025:

Liebe Marlies,

danke fürs Lesen und Nachdenken.

Meine Idee für diese Geschichte kam, als ich mal wieder down war und darüber nachdachte, wozu man Menschen bringen kann, die permanentem Stress und Hilflosigkeit ausgesetzt sind.

Ich nehme an, du meinst, dass Karl-Heinz Meyer besser seiner Frau hätte beichten sollen (zu seinen Fehlern stehen), dass er was Erotisches mit der Gattin seines Geschäftspartners angestellt hat, statt Atze umzuhauen, richtig?

Aber Marlies, wir sind doch alle nur sündige Menschelein ;-)

Liebe Grüße

Rautus Norvegicus




geschrieben von Weißehex am 27.02.2025:
Kommentar gern gelesen.
Klasse Geschichte, kurz, knackig, spannend. Also ich fühle mich super unterhalten.

LG Weißehex




geschrieben von Rautus Norvegicus am 28.02.2025:

Huhu, Weißehex,

vielen Dank für deine Zeilen, es freut mich sehr, wenn dir die Story gefallen hat :-)




geschrieben von Ofelia am 20.03.2025:
Kommentar gern gelesen.
Hallo, Rautus,
Das interessante an deine Geschichte ist, meiner Meinung nach, das sie uns zwingt über unsere moralischen Prinzipien und Urteile nach zu denken.

Auch danke, weil wenn ich deine Erzählungen lese, lerne ich neue Wörter und Ausdrücken.




geschrieben von Rautus Norvegicus am 21.03.2025:

Liebe Ofelia,

es ist sehr schön, wenn du den Sinn in meinen Geschichten erkennst, das freut mich sehr! Hauptsächlich sollen sie den Lesern Spaß machen. Mir hat nämlich auch das Schreiben viel Spaß bereitet. Ich dachte auch daran, wozu man einen Menschen, der eigentlich gut und nett ist, bringen kann.

Du hast die Geschichte sehr gut analysiert und den Sinn darin entdeckt. Das macht mich als Schreiber ein bisschen stolz, danke dafür :-)

Liebe Grüße,

Rautus Norvegicus


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