Veröffentlicht: 18.02.2025. Rubrik: Spannung
Ein Mord im Advend
Er musste es hinter sich bringen, so lange es noch dunkel war. Er nahm einen letzten Schluck aus der Whisky-Flasche, die schon
zur Hälfte gelehrt war, um sich dadurch etwas Mut für sein kriminelles Vorhaben anzutrinken. Seine vernarbte rechte Hand griff nach der zweischneidigen Axt,
die vor ihm an der Wand gelehnt stand.
Liebevoll strich er vorsichtig mit den Fingerkuppen über die rasiermesserscharfen Schneiden.
„Heute wird dein letzter Abend sein, mein Liebling,“ dachte er grimmig, „den du bei Krüger verbracht hast. Heute wirst du sterben! Über deine Überreste mache
ich mir keine Sorgen, denn im Keller bei mir steht eine Hochtemperatur-Heizung! Und solltest du nicht ganz in die Brennkammer passen – nun, meine Axt wirst du dann bereits kennen gelernt haben. Sie wird mir dabei behilflich sein, dich klein wie Gulasch zu hacken!
Dein Schmuck wird mit dir zusammen verbrennen und als harmloser, grauer Rauch aus meinem Kamin aufsteigen!“ Von seinem Plan begeistert, schulterte er die Axt und verließ kaltlächelnd das Haus.
Auf dunklen Wegen erreichte er das Haus seines Nachbars Wilhelm Krüger, der dort allein mit seiner jungen Frau und einem alten Goldfisch lebte.
Er stieg über den hüfthohen Jägerzaun, der das fremde Anwesen umgab. Als er in dem fremden Garten stand, waren alle Skrupel verflogen, die ihn bis dahin noch geplagt hatten. Er wusste zwar, dass Krüger - der ein wahrer Hühne von Mann war – sich heute nicht zu Hause befand, dennoch schlug sein Herz bis zum Hals.
Und dann sah er sie! Sie stand reglos in der Kälte der Winternacht und ihr Anblick verschlug ihm fast den Atem. Mittelgroß, dabei verführerisch schlank, sexy und wohlproportioniert. Sie war ein
wahrer Traum, und diesen Traum gönnte er Krüger nicht!
Mit einem heiseren Stöhnen sprang er aus dem Schatten einer Garten-Laube, die ihm bis dahin Schutz vor aufmerksamen Blicken gewährt hatte.
Er holte weit über den Kopf aus und ließ die Axt mit aller Gewalt auf sie nieder sausen, so dass sie fast schon vom ersten Schlag in zwei Teile getrennt wurde!
Scheinbar leise seufzend schlug
sie lang in den Schnee. Wie von Sinnen schlug er immer wieder auf die klaffende Wunde ein, obwohl sie bereits das Leben verlassen hatte, noch bevor sie den Boden erreichte. Aber er wollte sie ja
mitnehmen, deshalb musste er sein ruchloses Werk vollenden.
Nach zehn Minuten hatte er es geschafft. Er trocknete seine von der mörderischen Arbeit schweißnasse Stirn und schleifte sie wie geplant zu sich nach Hause. Immer ängstlich darauf bedacht, von niemandem mit seiner leblosen Last gesehen zu werden, schlich er durch die Schatten.
Wieder bei sich im Wohnzimmer angelangt, fiel die Spannung, die sein Verbrechen mit sich gebracht hatte, wie eine schwere Last von ihm ab.
Er ließ sie beinahe achtlos auf den Boden fallen und genehmigte sich einen ordentlichen Zug aus der Whisky-Flasche. Bestürzt fiel ihm auf, dass er ihr verräterisches Blut an Händen und Kleidung trug. Auf dem Weg zum Waschbecken sagte er mit einem irren Lachen in ihre Richtung:
„Ich werde dir jetzt Schmuck holen, wie er dir zusteht!“ Er wusch sich noch ihren klebrigen Lebenssaft von den Händen und besudelten Klamotten, lächelt sie dann an und flüsterte:
„Und dann werden wir zwei Weihnachten feiern. Seit sieben Jahren habe ich das
erste Mal wieder einen Christbaum, und dann auch noch eine solch prachtvolle Blautanne wie dich!“ Er lachte und trank noch bis tief in die Nacht hinein.
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