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geschrieben 2023 von Wolfhart Willimczik (Wolfhart).
Veröffentlicht: 21.09.2023. Rubrik: Historisches


Schlimmer als der Tod

Eine wahre Spionagegeschichte

Sie war eine attraktive Frau und saß allein an der Bar im U-Boot, ein Tanzlokal in Westberlin. Er war dem Tipp eines Bekannten hierher gefolgt, weil er sich noch nicht in Westberlin auskannte. Auf dem Volksfest des AFN (American Force Network) war er ihm “rein zufällig” über den Weg gelaufen. Es war ein Mitgefangener aus dem politischen Gefängnis in Cottbus der ehemaligen DDR. Das Thema war klar; wo konnte man hier Weiber aufreißen. Beide waren gerade aus den Klauen der Kommunisten entkommen und nach dem langen Gefängnisaufenthalt im Osten hungrig nach Sex. Das U-Boot sei DER Ort um willige Frauen zu finden. Sie wollten sich dort treffen. Er war pünktlich, aber etwas zu früh wie es schien, denn nur ein Tisch war belegt. So hatte er gar keine andere Wahl als sich neben die einzelne Frau an der Bar zu setzen. Sie war attraktiv, hatte lange schwarze Haare und war schlank - genau das Richtige für eine Nacht. Er sprach sie an. Sie war gesprächsbereit und erzählte ihm sofort, dass sie Gudrun Adams und Mathematikerin sei. Warum sagte sie sowas? Wusste sie, dass er Physiker war? Er fragte sie scherzhaft ob sie die Funktion e hoch x differenzieren könne. (Es ist die einzige Funktion, die mit ihrem Differential identisch ist, was jede Mathematikerin weiß). Sie hatte keine Ahnung. Warum log sie ihn gleich so frech an? Er sah sich um und entdeckte mehrere Leute an dem einzig besetzten Tisch, die sie aufmerksam beobachteten. Wenn Hauptmann Wagner (sein Vernehmer beim SSD (Staatssicherheitsdienst) Gefängnis) sie für ihn ausgesucht hatte, dann hat er wenigstens Geschmack gezeigt. War das eine Honigfalle der Stasi? Egal - nach ein paar Tänzen nahm er sie mit. Sie fuhren durch die nächtliche Stadt in seinem alten Mercedes, den er gerade erstanden hatte. Auch hatte er schon eine Altbauwohnung, die ihm schon im Notaufnahmelager zugewiesen worden war. Sie machte es ihm leicht. Der Sex war nicht so besonders wie er es erwartet hatte. Irgendetwas stimmte nicht ganz, aber fürs Erste reichte es ihm. Gudrun machte es sich in seiner Wohnung bequem und brachte am nächsten Tag als Überraschung einen kleinen Sohn Thomas mit. Sie sei von ihrem Mann davon gelaufen, weil er sie fürchterlich geschlagen hätte... Jetzt wurde er sie nicht mehr los. Er konnte beide doch nicht einfach vor die Türe setzen. Die Sache wuchs ihm aber langsam über den Kopf. Ihr Sohn war ein Problem. Er hasste seine Mutter - nein - sie hassten sich beide. Es floss offensichtlich böses Blut in ihren Adern. Thomas wollte ständig von ihr weglaufen und drohte sogar aus dem Fenster zu springen - aus seiner Wohnung! Er musste ihn gewaltsam davon abhalten. Bei der Höhe seiner Wohnung würde er das nicht überleben. Und was wäre, wenn sie der Polizei erzählen würde, dass er ihn aus dem Fenster geworfen hätte, nur weil ihr Sohn ins Bett gemacht hatte? Er hatte schon gemerkt, dass sie verdammt gut lügen konnte. Was sollte er tun? Hier stimmte etwas nicht. Er versuchte mit ihrem Scheidungsanwalt Kontakt aufzunehmen. Das führte aber zu nichts. Er wollte mit ihr zum Sozialamt gehen. Sie weigerte sich aber zu irgendeiner Behörde zu gehen, wo sie sogar Geld bekommen hätte, wenn ihre Geschichte gestimmt hätte. Sie war sichtlich mit ihrem Sohn überfordert. Deshalb wollte sie ihn bei ihren Eltern lassen, die auch in Westberlin wohnten. Damit gab es dann ein Problem weniger, aber Gudrun wurde auch zur Last. Sie fuhr partout nie mit der S-Bahn und hatte andere unerklärliche Eigenheiten.
Er suchte immer noch nach einer Arbeitsstelle. Eigenartigerweise bekam er immer nach ein paar Wochen eine Ablehnung. Dann rief ihn eine Firma aus München an, die ihn sofort einstellen würden. Er könne dort alle seine Erfindungen entwickeln...

Das war Musik in seinen Ohren. Er kam nicht mit leeren Händen. Der gleiche Verdichter, der auch als Wasserpumpe und Vakuumpumpe schon im DDR-Fernsehen (diese Sendung ist bis heute derart verboten, dass man nicht einmal sagen darf, dass sie verboten ist) zu sehen war, war auch schon bei der Knorr-Bremse gelaufen. Der Anwalt des SSD Dr.Vogel hatte das Funktionsmodell eigenhändig in den Westen “geschmuggelt”. Warum hatte er das getan? Er war doch selbst mit einem Wagen mehrmals im Osten gewesen und hätte es selber mitnehmen können. Er hatte zwar striktes Einreiseverbot nach der Entlassung aus dem Sozialismus, konnte es aber durch einen kleinen Trick umgehen um seine Familie zu sehen. Er wird hier im Westen richtiges Geld verdienen und an jedem Wochenende zu Hause sein, auch wenn der SSD sie durch eine Zwangsscheidung getrennt hatte. So hatte er sich das jedenfalls gedacht. Die Realität sah anders aus. Er hatte nur das eine Angebot aus München.
Ständig rief die Kaderleiterin wieder an wann er denn endlich komme. (“Kaderleiterin” ist in diesem Falle die richtige Bezeichnung, denn dieser Betrieb war mit all seinen Kadern aus Ost-Berlin nach München gezogen.) Endlich gab er nach und - welch eine Überraschung - Gudrun wollte mit nach München kommen.
Nun hatte man ihn mit großen Versprechungen nach München gelockt um alle Informationen über seine Erfindungen zu ergaunern und ihn dann als Spion wieder zu entlassen. Davon wusste er aber noch nichts. Er arbeitete an einem ölfreien Kompressor. “Die Knorr-Bremsen brauchen aber Öl”, wurde ihm aber gesagt. So fiel dieses Projekt unter den Tisch, aber er hatte ja noch andere. Gemeinsame Patentanmeldungen wurden gemacht...
Während der Weihnachtsfeier wurde ihm dann überraschend gekündigt. Das wäre aber nur zu ihrem eigenen Schaden, denn schon die Nachbarn, die Firmenleitung von BMW, würde ihn dankend aufnehmen. Das hatte er schon Jahre zuvor mit einem Vertreter von BMW auf der Leipziger Messe im Osten besprochen gehabt. Er brauchte also nur ein Haus weiter zu gehen. Daraus wurde leider nichts, denn genau dieser Mitarbeiter war verstorben.
Er hatte aber praktisch schon damals von allen großen Firmen eine mündliche Zusage bekommen. Er könne seine Erfindungen bei ihnen entwickeln; er müsse nur zu ihnen kommen. Eine Mauer verhinderte dies damals. Wenn er jetzt jeweils nach dem betreffenden Mitarbeiter fragte bekam er immer die gleiche Antwort: verstorben. Alle schienen sich auf der Leipziger Messe eine unerklärliche, aber tödliche Krankheit zugezogen zu haben.
Er bot auch kleineren Betrieben seine Erfindungen an. Es passierte immer das Gleiche. Sie begannen Prototypen zu bauen und ließen dann plötzlich alles scheinbar grundlos wie eine heiße Kartoffel fallen. Ein Betrieb fertigte die Teile für mehr als 15 Prototypen und baute dann nie etwas zusammen, bei einem anderen Betrieb hatte der technische Direktor den Erfinder so weit unterstützt, dass er am Ende selbst mit hinaus flog. Die Sabotage im großen Stil kam jedes mal von außerhalb, von großen Machtzentralen, die nicht genannt werden wollen. Obwohl an der TU-Berlin schon jemand eine Diplomarbeit über eine seiner Erfindungen schrieb, wurde er auch dort abgelehnt.
Natürlich hatte er schon im Osten den VEB-Betrieben seine Erfindungen angeboten. Die Kombinatsleiter sagten ihm aber: "Wir fangen erst an, wenn die im Westen was machen”. Im Klartext hieß das, er müsse erst im Westen einen Betrieb finden, damit im Osten etwas passiert. So also funktioniert Sozialismus!
Einen kleinen Betrieb ließ man weiter machen, weil die Sache hoffnungslos war. Seine Erfindung einer starken Klarwasserpumpe/Verdichter wurde als Güllepumpe vergewaltigt. Damit hat sich der Betrieb selbst vernichtet.
Wegen der landesweiten Verschwörung gegen ihn wollte er die Knorr-Bremse auf Schadenersatz verklagen. Der Richter brummte nur: "Alles Schmarren”.
Wie durch ein Wunder hatte man ihm sofort nach Eintreffen in der Knorr-Bremse ein Reihenhaus in Esting/Olching angeboten. Über die Autobahn war es von München leicht zu erreichen. Ein alter Bauer hatte seine Arbeit aufgegeben und gleich hinter seinem Misthaufen Reihenhäuser hingestellt. “Wer auf meinen Hof kommt ist der Knecht und hat zu machen was ich sage”, waren seine Begrüßungsworte. Bei einer seiner heimlichen Hausdurchsuchungen soll er erstaunt ausgerufen haben: "Der rechnet ja sogar mit Buchstaben!” Der Bauer Jakob Schabenberger selbst war Analphabet. Für “Ordnung” sorgte er aber täglich von a bis z. Als das Gericht entschied, dass sein neuer Mieter auf diesem Bauernhof seine Katze behalten dürfe, brachte er sie einfach um. Ein Tennisspieler in seinem Tennis Club sagte einmal: ”Was, bei den Schabenbergers wohnst du? Bei denen würde ich nicht einmal umsonst wohnen!” Alle hatten gewusst, dass man diesen Leuten besser aus dem Wege ging, nur er nicht, der gerade aus Berlin gekommen war und solche Gepflogenheiten in Bayern noch nicht kannte. Der Alte hasste die Saupreußen, besonders die aus Berlin. Warum hatte er ihn dann überhaupt als Mieter genommen, wo doch Hunderte von echten Bayern für eine Wohnung immer Schlange standen? (Es herrsche Wohnungsnot in München, wovon er aber nichts gemerkt hatte, denn irgend jemand hatte dafür gesorgt, dass dieses Haus für ihn reserviert war..)
Der sprühende Hass der Bayern war ihm zu viel und die Knorr-Bremse baut kein einziges Teil für seine Prototypen. Zurück nach Berlin? In den Osten konnte er nicht mehr rüber. Langsam waren die VOPOS (Volkspolizisten) ihm auf die Schliche gekommen. Die Interzonenautobahn wurde für ihn auch zu gefährlich. Also mit den Schabenbergers Frieden schließen? Sie lachten nur und sagten später aus, dass er sie bedroht hatte. Der Sohn hieß der Einfachheit halber auch Jakob und führte den Kampf gegen die verhassten Preußen - besonders gegen den “Berliner” - weiter. Was die Sache noch verschärfte war, jemand hatte ihnen hinter vorgehaltener Hand zugeflüstert, dass der Berliner ein Spion sei. Das Gericht gab zwar immer wieder dem Erfinder recht, aber das hatte keinerlei Auswirkungen auf diesen Bayerischen Bauernhof.. Es war das gleiche Spiel wie bei der Knorr-Bremse: erst rein locken und dann als Spion wieder ausspucken.
Gudrun fühlte sich in dem Haus - tagsüber allein gelassen - auch nicht wohl.
Wie aus heiterem Himmel stand plötzlich ihr “Freund des Hauses” (Agentenführer Alois Witzel) vor der Tür. Er arbeitete bei Siemens in Berlin, sei ein paar Tage in München und hätte keine Schlafstätte. Er mit dem großen Haus konnte ihm diese nicht verwehren. Er blieb nicht nur eine Nacht. Damit sich die Beiden tagsüber nicht langweilten, wollten sie mit seinem Mercedes herum fahren. Das war einleuchtend. Wo sie gewesen waren blieb stets ihr Geheimnis. Nachts schlief sie ab jetzt mit ihm. Derjenige, der zur Arbeit ging, hatte nur zu bezahlen. So einfach war das - die “ideale Hausgemeinschaft”, aber das Ende nahte. Eines Morgens merkte er, dass jemand versucht hatte seinen Mercedes zu stehlen, der auf dem selbigen Bauernhof stand, direkt unter den Fenstern der Schabenbergers. Seine beiden Besucher machten nach dem missglückten Attentat Gesichter wie ertappte Diebe (siehe Bild). Jetzt reichte es ihm und er ging zur Polizei. Alois kam willig mit. Jetzt musste auch er seinen Ausweis herzeigen. So wurde wenigstens sein voller Name bekannt. Im Protokoll des versuchten Diebstahls stand: “Täter unbekannt”, obwohl er gerade vor ihnen stand. Sie taten nichts, denn man hatte ihnen schon längst geflüstert, dass man mir das Haus nur gegeben hatte um mich als Spion zu enttarnen wobei die Schabenbergers die Staatsschützer mit aller Macht unterstützen würden. Die von der Staatsanwaltschaft verbotenen Hausdurchsuchungen übernahmen die Schabenbergers nur allzu gerne für die Polizei. Ein Fußballclub schweißte sie zusammen, wo regelmäßig bei einigen Maß Bier der Kampf gegen den Terrorismus auf der Tagesordnung stand. Der fußballernde Polizist konnte schreiben und schrieb sogar den komplizierten Namen des Verdächtigen richtig. In Bayern sagt man: du musst nicht schreiben können, nur jemanden kennen der es kann. Und Polizisten in Bayern können schreiben. Also landeten die “Erkenntnisse” - dass niemand etwas über den Verdächtigen wußte - der besoffenen Fußballer bei den höchsten Stellen des Landes, die etwas mit Staatsschutz zu tun hatten. Die Fußballer waren weit in der Zukunft, wenn sie besoffen waren. Sie bekämpften Verbrechen, die noch gar nicht geschehen waren. Einer wußte natürlich, dass ein Verbrechen geschehen würde; sein fußballernder Nachbar und Agent der Viktoria Versicherung Norbert Weber, der nur 2 Tage vor ihm in das benachbarte Reihenhaus gezogen war. Er wusste bereits wie man den Erfinder lebenslang ins Gefängnis bringen wollte. Es war verkehrte Welt. Der Erfinder wurde von verschiedenen Leuten, Geheimorganisationen und der Polizei in Fürstenfeldbruck mit “eigenen Kräften” beobachtet. In einem geheimen Protokoll der betreffenden Nacht des geplanten Attentats ist zu lesen, dass ein “Kind heran geführt” worden war...
Dafür gibt es nur eine Erklärung: Agent Alois wollte mit dem Mercedes des Erfinders in der Nacht eine schwere Straftat begehen, wobei Gudruns Sohn das Opfer sein sollte: Alle Spuren würden zum Erfinder führen und er würde lebenslänglich bekommen. Dann wäre er da wo er hin gehörte. Viele “Zeugen” warteten schon im Hintergrund, die sich an dem “Berliner” rächen wollten. Der Bauer sagte: “den Krieg gegen euch haben wir zwar verloren, aber schön war’s doch als wir auf euch haben schießen durften.”
Das was geschehen sollte geschah nur nicht , weil Alois den Mercedes des Erfinders in der Nacht nicht starten konnte.
Dem Leser bleibt es selbst überlassen ob dies nur eine Kindesentführung oder eine Entführung mit Todesfolge werden sollte.
Nach dieser Nacht brauchte er die beiden Agenten nicht aus seinem Haus zu werfen. Sie gingen von alleine. Er hoffte, dass durch diese “friedliche” Lösung der SSD ihn nun alleine lassen würde - falsch gedacht!
Zwei hochbezahlte Hauptmänner vom BLKA in München fuhren nach Andernach am schönen Rhein. Sie hatten vor eine Gudrun Adams über den verdächtigen Mann mit den vielen Patenten zu befragen, bei dem sie einmal kurzzeitig gewohnt hatte. Zuvor waren sie schon beim Patentamt in München gewesen, worauf die Bearbeitung seiner Patente eingestellt worden war.
Ganz nebenbei erzählte Gudrun den hohen Herren, dass der Erfinder in Wirklichkeit ein Spion sei. Sie müsse das wissen, denn sie war in seiner Wohnung gewesen. (Sie vermeideten es strikt nach der Art der Geisteskrankheit zu fragen, die bei den Adams eingezogen war.) Dies verbreitete sich nun unter den Staatsschützern wie ein Lauffeuer. Das BLKA bat den Generalbundesanwalt um Hilfe gegen den Erfinder und bekam sie. (Der richtige Generalbundesanwalt war vorher ermordet worden.) Beim angeordneten Gerichtsverfahren gegen den Erfinder fehlte die Klägerin. Ihr “kranker” Sohn musste als Ausrede herhalten. Gudrun hatte große Angst, denn er hätte sie vor Gericht als Agentin des SSD entlarvt. So ging das Monate bis das Gericht das Verfahren einstellte. The damage was done. Nun war es nicht nur in einem Dorf bekannt, dass der Erfinder ein Spion sei - sondern im ganzen Lande und über die Grenzen hinweg. Niemand mehr wollte auch nur einen Knochen von dem Erfinder/Spion nehmen.
Als Student hatte er schon Angst davor gehabt, dass die Kommunisten ihn eines Tages als ihresgleichen hinstellen könnten. Das wäre schlimmer als der Tod. Der SSD entwickelte diese Methode an der Hochschule des SSD. Die Genossen nannten es “Zersetzung”, was besser als ein Mord wurde.
Es passte alles zusammen. Als Abiturient in einem gestrengen Internat des SSD wurde ihm befohlen, dass er nach dem freiwilligen Dienst bei der NVA (Nationale Volksarmee) unbedingt Physik studieren sollte, und zwar nicht in Berlin, sondern in Dresden. Folgsam wie er war, machte er alles so wie es von ihm verlangt wurde. Er wunderte sich nur, dass es an der TH-Dresden, die gerade zur TU-Dresden befördert worden war, gar keine Aufnahmeprüfungen für so ein schwieriges Fach gab. Es wurden hunderte von Studenten zum Physikstudium zugelassen oder sogar hin gedrängt. Was wollte die kleine DDR mit so vielen Physikern? Den Westen überholen? Ja was denn sonst?
Den Professoren war das gar nicht recht. Sie wehrten sich dadurch, indem sie die Maßstäbe derart anhoben, dass die meisten Studenten bei der Hälfte des Studiums rausgeflogen.
Das war nun genau das, was der SSD geplant hatte. Halbe Physiker war genau das Material, das sie für ihre Spionage brauchten. An der Hochschule des SSD in Potsdam wurde streng logisch gedacht: Die Erfahrung hatte gezeigt, dass ihre Spione im Westen einfach zu dumm waren. So hatten sich zum Beispiel Agenten als Malertruppe bei Siemens eingeschlichen und alle Zeichnungen geklaut deren sie habhaft werden konnten, Dann stellte sich heraus, dass sie die Stromlaufpläne der Beleuchtung geklaut hatten. Deshalb brauchte man halb “gebildete” Spione. Halbe Physiker wären genau das Richtige. Deshalb hatte man so viele Studenten aufgenommen. Der SSD erzeugte ein Heer von “gebildeten” Spionen, ohne dass irgendjemand was merkte. (Die Sterberate der Professoren war damals allerdings weit über dem Durchschnitt.) Ihm wurde dies erst richtig klar, als sein Vater ihm befahl das halbe Studium abzubrechen um “Kundschafter” zu werden. Bei dieser Eröffnung seines weiteren Lebensweges waren 2 Wachposten vor dem Haus. Wahrscheinlich hatte sein Vater Angst, dass er ihn nach dieser Eröffnung sofort erschlagen würde. Sein Vater hatte ja seine Mutter ermorden lassen, nur weil sie sich weigerte eine Geheimhaltungsverpflichtung hinsichtlich seiner Nazivergangenheit zu unterschreiben.
Er bekäme ja jetzt kein Stipendium mehr, hätte also gar keine andere Wahl.
Jetzt sass er also in der Falle. Eine TU als Ausbildungsstätte für Spione zu missbrauchen würde nicht lange geheim bleiben. Wo in der Welt er einmal hin käme würden alle die einfache Gleichung kennen: Halbes Physikstudium an der TU-Dresden = Spion. Derart als Spion gebrandmarkt zu sein wäre schlimmer als der Tod. Diese Angst hatte er vor vielen Jahren als Student im Osten. Jetzt ging es nicht nur darum das Studium mit einem Diplom erfolgreich abzuschließen, es ging um sein zukünftiges Ansehen in der Welt als Physiker oder als Spion - es ging jetzt um Tod oder Leben. Von nun an büffelte er wie kein anderer und verdiente an den freien Tagen als Kraftfahrer sein Geld. (Er verdiente dabei mehr Geld als er je als Physiker bekommen wird.) In der Quantenphysik überholte er sogar das beste Pferd im Stall, was der spätere Professor ihm übel nahm. Obwohl er sein Studium mit einem Diplom beendet hatte, war nun das Schlimmste im Westen wahr geworden. Gudrun hatte mit einem Satz aus einem Physiker ein Spion gemacht. Das es einmal so weit kommen sollte konnte er sich nicht vorstellen, als er sich damals an der Bar neben sie gesetzt hatte.

SSD - Staatssicherheitsdienst (Kosename Stasi)
AfN - American Force Network

Im zweiten Teil erfahren sie worum es dem SSD wirklich ging. Es waren nicht die Erfindungen des Physikers, sondern etwas viel wichtigeres, etwas das alle DDR-Bürger betraf und das bis heute unter strengster Geheimhaltung steht. Wolfhart Willimczik

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von marjah am 08.10.2023:

Ich hab den Text bis zur Hälfte gelesen, dann musste ich leider aufhören. Es ist zu viel Input bei zu wenig Gliederung. Bitte unterteile den Text öfter, mach mehr Absätze, öfter mal eine neue Zeile, dann hat man als Leser auch eine Chance, das zu sortieren.
Der Inhalt ist echt interessant, wenn nicht erschreckend, aber ich hab da ohne äußerliche Gestaltung leider ein Problem.
Vielleicht liegt's auch an meinen Augen, kann auf Dauer die Zeilen schwer halten.

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