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geschrieben 2022 von Bjarne Pfennig (BjarneP).
Veröffentlicht: 06.01.2022. Rubrik: Grusel und Horror


Eine Nacht im Badehaus

Als die Nacht hereinbrach, wurden die Lichter angemacht. Die Laternenanzünder brachten die Öllampen zum Leuchten und tauchten die Londoner Stadt in einen fahlen Schein. Lucian warf einen Blick aus dem Fenster seines Geschäftes. Sein Badehaus hatte auch jetzt noch geöffnet. Er wartete und setzte sich an den Tresen. Ein schwarzer Kater saß darauf und schnurrte, während seine grünen Augen, wie die von Lucian auf der Tür hefteten. Es war fünf Minuten nach elf, als die Türklinke vor dem Badehaus hinuntergedrückt wurde und ein Mann in den Raum trat.
»Guten Abend, Mr. Willington«, sagte Lucian.
Willington war ein Inspektor der Mordkommission von Scotland Yard, doch er sah aus, wie ein Detektiv. Vielmehr wie der Detektiv. Als Sir Arthur Conan Doyle vor fünf Jahren mit der Idee des Sherlock Holmes aufkam, war Willington schwer davon überzeugt, dass er dafür als Inspiration hergegeben haben musste. Ob das nun stimmte, oder nicht, er war zumindest genauso lästig wie die Romanfigur.
Mr. Wellington nahm einen tiefen Zug von seiner Pfeife. »Du weißt, weshalb ich hier bin, Lucian so-und-so, in Ihrem Badehaus sind mehr Menschen verschwunden als irgendwo sonst in London.«
»Eine Übertreibung«, sagte Lucian schmunzelnd. »Und außerdem völlig frei von jeglichen Beweisen. Ich bin mir sicher, dass nie etwas gefunden wurde, was auf irgendein Verbrechen meinerseits weisen würde. Ich muss Sie enttäuschen, aber Sie können mir nichts nachweisen.«
»Nein.« Willingten knirschte mit den Zähnen. »Aber früher oder später …«
»Mein Etablissement haben bereits viele niederzumachen versucht. Tausende. Größere Menschen als Sie es sind. Grafen und Könige. Ich bezweifle, dass Sie überhaupt erwähnenswert sein werden.«
»W-wie bitte?«
»Ich will damit nur sagen, dass Sie diesen Laden nicht mehr verlassen werden. Niemand verlässt mein Badehaus.« Lucian grinste. »Zumindest keine Menschen, habe ich nicht recht?« Er kraulte den Kater am Kopf und der maunzte, wie zur Bestätigung.
»Spinnst du?« Willington drehte sich zur Tür und griff nach der Klinke – dort wo sie hätte sein sollen. Innerhalb des Badehauses gab es keine Türklinke. Es gab keinen Ausgang.
»Wie ich bereits sagte, Mr. Willington, Sie werden hierbleiben. Möchten Sie, dass ich Ihren Verbliebenen etwas von Ihnen ausrichte?«
»W-was?«
»Eine Nachricht. Sowas wie ›Es tut mir leid, dass ich meine Nase nicht aus fremder Leute Angelegenheiten heraushalten konnte‹ zum Beispiel? Das wäre doch was.«
»Halt die Schnauze! Ich lass mich doch nicht verarschen!« Willington ballte die Hände zu Fäusten und schlug nach dem Fenster. Er versuchte, das Fenster einzuschlagen, doch auch der Versuch war vergeblich.
Lucian gab ein müdes Seufzen ab. »Kugelsicheres Glas, Mr. Wellington. Ein wenig anachronistisch, aber was soll’s.«
»Was soll das?! Ich habe dir doch gar nichts getan!«
»Nein, das haben die wenigsten. Ich gehe einfach nur meiner Arbeit nach. So wie immer.«
»Was für eine verdammte Arbeit?«
Lucian hob die Augenbrauen und senkte sie wieder. »Wenn ich das nur wüsste. Ich mache diesen Job schon so lange, dass ich mich nicht mehr daran erinnere. Aber irgendeinen Grund wird es schon haben, nicht wahr?« Er trat von seinem Tresen fort und auf Willington zu.
»Moment, was hast du vor?«
»Das weißt du doch genau. Warum bist du denn hierhergekommen?«
»S-scheiße!«
»Exakt. Halt einfach kurz still.«
Mit noch immer geballten Fäusten schlug Willington nach Lucian. Er holte aus … und fiel zu Boden, wie ein Sack Kartoffeln.
»Ich danke dir«, murmelte Lucian. Er sprach diese Worte scheinbar in die Luft. Sie waren sehr wohl an jemanden adressiert, aber er wusste, dass sie nie ihr Ziel erreichen würden. Dennoch hatte er sie gesprochen und das ärgerte ihn. Lucian sah auf den schlafenden Willington hinab. Er würde diesen Laden nie wieder verlassen, weder im Leben noch im Tod, aber so war nun einmal der Lauf der Dinge.

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Junifox am 23.01.2022:

Ich fand die Geschichte sehr gut und spannend, weiter so.

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