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geschrieben von Bad Letters.
Veröffentlicht: 19.04.2025. Rubrik: Unsortiert


Jazzabend

Das Licht war schummrig in der Bar und als ich das weitere Publikum erspähte, sank meine Erwartungshaltung an den musikalischen Abend schlagartig. Hinter den vereinzelten Gesichtern vermutete ich eher gescheiterte Existenzen als wirkliche Musikliebhaber und Kenner der Szene.

Da war diese Frau in den Mitdreißigern, das blutrote Kleid viel zu eng und der üppige Busen so dermaßen hochgeschnürt, dass er jeden Augenblick aus seiner Verpackung zu springen schien, die allem Anschein nach, auch schon bessere Tage gesehen hatte. Ihr Blick taxierte mich sofort, als ich den Schankraum betrat, und in ihrem Augenaufschlag schien die Botschaft versteckt zu sein, ob ich nicht einmal Lust hätte, tiefer unter ihre Fassade blicken zu wollen.

Unter einer dicken Dunstwolke versteckt, saß eine Gruppe Männer, die nach ihrer Kleidung zu urteilen, ebenfalls dem Milieu entsprungen sein könnte. Die Narben und martialischen Tattoos wurden nicht kaschiert, sondern regelrecht zur Schau getragen. Ein Unwohlsein breitete sich in mir aus und ich fragte mich, ob ich hier nicht im falschen Etablissement gelandet bin.

Doch ein Blick auf die kleine Bühne verriet mir, dass zumindest die Instrumente zu der Band passten, die ich mir an dem Abend anhören wollte. Das Jazztrio galt als Geheimtipp und bestand allesamt aus Musikern im Ruhestand, die nur noch die Bühne enterten, wenn ihre verhungernde Seele nach Anerkennung und Applaus gierte.

Der Fluch der Bühne, der wohl jeden ereilte, wenn er zu lange auf ihren Brettern verweilte. Sich plötzlich wertlos fühlte, wenn er nicht mehr im Rampenlicht stand und vom Publikum angehimmelt wurde. Ein Fluch, der mir nichts anhaben konnte und ich fragte mich, was ging wohl in Menschen vor, die so lange auf der Bühne standen, bis irgendwann das Gebiss ins Glas fiel.

Meine Augen suchten nach einem geeigneten Platz, um das bevorstehende Konzert mitverfolgen zu können. Die Sicht war dabei nicht das entscheidende, es war der optimale Klang, nachdem ich meinen Platz aussuchte. Mich interessierte nicht das affektierte Gehabe, das einige Kollegen zelebrierten, sondern nur, wie sie im Zusammenspiel klangen, wenn sie ihre Seele in ihrem Spiel offenbarten.

In einer guten Band drängt sich kein Musiker nach vorne, sondern er ordnet sich ins musikalische Gefüge ein, um so Emotionen zu erwecken, die niemals entstehen könnten, wenn kein harmonisches Klangbild entsteht.


Musik: Bad Letters

https://youtu.be/Gptkc2lrgYg

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

Einen Kommentar schreiben

geschrieben von Babuschka am 19.04.2025:
Kommentar gern gelesen.
Wieder eine recht ansprechende Geschichte mit einem Hörbeispiel für ein gelungenes musikalisches Gefüge.
Gern gelesen und gern angehört.
LG Babuschka




geschrieben von Bad Letters am 19.04.2025:

Ich danke wieder ganz herzlich Babuschka, das du dir die Zeit genommen hast! Jazz ist nicht meine Musik, aber ich wollte zumindest einmal im Leben ein Jazzstück schreiben, was ich mit der Nummer dann auch erledigt habe. Danke!

MfG
Bad Letters






geschrieben von Babuschka am 19.04.2025:
Kommentar gern gelesen.
Jazz ist jetzt auch nicht gerade meine Musik, aber ich wollte hören, was du zu bieten hast :))
LG Babuschka




geschrieben von Bad Letters am 20.04.2025:

Deine Neugier erfreut mich sehr Babuschka! Danke!

MfG
Bad Letters

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