Veröffentlicht: 16.02.2025. Rubrik: Menschliches
DÖNER CLOSE PROTECTION
Schnell mal noch nen Döner holen oder lieber selbst lecker was auf die Gabel zaubern? Lust hätte ich schon, was zu kochen. Ich schaue kurz in den Kühlschrank, dann überlege ich, was ich mit steinhartgefrorenem Fleisch machen könnte. Um besser Nachdenken zu können, packe ich es vorerst zurück in den Gefrierschrank. Mein Hunger wird sofort größer. Auf jeden Fall nichts mit Tomaten oder Zwiebeln, also heute nicht. Ich könnte auch einfach mit dem Rad zum Dönergeschäft meines Vertrauens fahren oder laufen, das wäre ein toller Spaziergang. Das Wetter hält. Bratkartoffeln wären auch klasse, sinniere ich, und bin leicht verwundert, als ich mit gebundenen Schuhen draußen stehe. Das Schicksal hat es nicht anders gewollt. Wenn das Universum will, dass ich Döner esse, ich wäre bekloppt, mich dem zu widersetzen! Beschwingt laufe ich los, gut gelaunt. Vor dem hell erleuchteten Laden, wo sich die Reste von zwei Dönerspießen drehen, formatieren sich ein paar Leute die Festplatten. Prost! Drinnen, eine Schwüle wie im Dschungel Ecuadors. Ich beobachte, wie sich leicht gekrümmt an einem Spieß das Fleisch dreht. Es hat die Form eines sehr ausgemergelten Emus, der flambiert wurde. Auf der anderen Seite rotiert auch nicht mehr Fleischgewicht. Kurz überlege ich, ob ich die vegetarische Variante wählen soll. Hat mir zu Abi-Zeiten auch nicht geschadet. „Das ist das letzte Fleisch!“, bekomme ich als Info, während Gemüse, Fleisch und Soße in der Teigtasche verschwinden. Ich hoffe inständig, dass sich das Gesagte auf den aktuellen Fleischvorrat beziehen, nicht auf die Qualität. „Wir sind jetzt erstmal weg, also Sommerurlaub, vier Wochen!“ Tun die hier gerade so, als würde ich hier ständig reingeschneit kommen… „Brauchst du ne Tüte oder geht’s so!?“ Geht natürlich so, ist ja keine Tagestour zurück. Draußen hat sich der Himmel verdunkelt. Wind kommt auf. Ich beginne schneller zu laufen. Erste Regentropfen fallen, dann beginnt es zu regnen. Der Himmel öffnet seine Schleusen. Es blitzt und donnert. Die Alufolie reflektiert. Die Serviette löst sich auf. Eine Stimme sagt mir im Kopf: „Beschütze den Döner, bring ihn heil nach Hause!“ Unter einem Baum suche ich Schutz, öffne eine Ecke der Verpackung und beiße in mein Essen. Zwiebeln und Tomaten schmeicheln meinem Gaumen. Ganz fein! Aus dem Baum ergießt sich Wasser auf mich und den Döner. Ich schütte ein wenig Dönersoßen-Regenmischung ab, die schlierig von den Wassermassen fortgespült wird. Ich probiere kurz, ob ich den Döner unter meinem Shirt vor dem Regen schützen kann. Nee, ist alles nichts. Völlig durchnässt komme ich zuhause an. Mission failed! – Was den Döner angeht. Ich esse den Rest des nach Döner schmeckenden Schwammes und höre ganz leise, wie sich die Kartoffeln kaputtlachen: „So ein Vogel, wäre er doch einfach hier geblieben, vorhin!“ Ich esse weiter und denke für mich: Morgen gibt’s Bratkartoffeln, aber ganz, ganz sicher!
ENDE
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