Walnüsse

Jeder hat seine Lieblingsnüsse. Ich bin zum Beispiel ein Fan von Pistazien, einfach ein Pistazien-Junkie. Manchmal denke ich, man kann mit diesen Nüssen quälen. Stellt euch vor: 1 kg Pistazien und kein Wasser. Du kannst nicht stoppen und isst sie bis zum letzten hartnäckigen Nuss, Durst kommt so stark und du hast kein Wasser. Es ist echt eine Qual. Sogar Erdnüsse machen nicht so süchtig. Die Walnüsse sehen überhaupt wie ein Hirn aus. Vielleicht deswegen mag er sie so sehr. Er meinte mal, er kann sie mit dem Mund fangen. Ein cooles Talent, oder? Ich wollte ihn testen.

Vor dem ersten Treffen im Oktober habe ich vergessen, sie zu kaufen. Aber auch ohne Nüsse lief es super und ich habe daran nicht mehr gedacht. In ein paar Monaten sollte ich wieder in München sein. Wir haben uns noch nicht verabredet. Aber ich habe diese Walnüsse gekauft, in der Hoffnung, ihn wiederzusehen. Irgendwie war es ein Symbol für mich. Entweder klappt es und er zeigt sein Talent oder nicht, dann esse ich diese Nüsse selbst auf dem Weg nach Hause. Ich habe sie in meinen Rucksack gepackt. Oh Wunder! Er wollte sich tatsächlich treffen. Hauptsache nicht vergessen, diese Nüsse mitzunehmen. Ach ne, es hat wieder nicht geklappt, der Grund: viel Papierkram. Ich war mit Nüssen wieder unterwegs und dachte ok, ich sehe ihn in 2 Wochen in meiner Stadt und dann… Sie waren sowieso bis zum Ende des Jahres haltbar. Der Moment konnte noch bestimmt kommen.

Er ist erst im Sommer gekommen. Ich habe alles vorbereitet. Ich hatte eine Decke, meine Kamera und diese Nüsse (schon wieder) im Rucksack. Wir haben uns getroffen… und wir haben diesen Moment auf der Aussichtsplattform, wo ich danach fragen konnte. „Ich möchte dich ein bisschen testen, ich habe was für dich“ — es war ganz einfach zu sagen. Aber irgendwie hat etwas diese Worte blockiert. Wir hatten viele Gespräche über ganz verschiedene Sachen und ich habe mich in diesen Gesprächen verloren. Als ich ihn fragen wollte, habe ich so eine starke Anziehung gespürt, dass meine Gedanken einfach weggegangen sind. Und das war eigentlich gegenseitig, wie ich später an diesem Tag festgestellt habe. Ok, wir sollten uns in paar Tagen sehen, es kann noch warten. An diesem Sonntag hat es nicht geklappt. Ich saß im Endeffekt zu Hause mit ihnen und er saß im Zug nach Hause ohne Walnüsse.

Wieder Oktober. Wieder eine Reise. Fuck, diese Nüsse haben mit mir schon fast ganz Deutschland gesehen. Sie waren in Halle, dann in München, danach wieder in Halle. Zu diesem Zeitpunkt waren sie mit mir auf dem Weg nach Westen. Kennt ihr überhaupt eine Packung, die so viel gefahren ist? Glückwunsch, jetzt schon. Ich hatte schon Mut. Diesmal sollte es klappen!

Ich hatte wieder diese Nüsse dabei, die ich im März gekauft habe. Klingt es verrückt? Ich weiß. Wir hatten einen langen Spaziergang und waren in einem Park. Wieder eine Aussichtsplattform, wieder waren meine Gedanken weg. Er wollte auch weggehen, als ich ihn eigentlich küssen wollte. Ich habe diesen Moment gespürt, ich war sicher, dass er auch fühlte. Was war los? Ich habe ihn gefragt.

Wir saßen auf der Bank. Erstmal hatte er mir mein Geburtstagsgeschenk gegeben. „Jetzt“ — dachte ich, — „Sag einfach: Ich habe auch was für dich, sag es einfach“. Ich hatte mir vorgestellt, wie er lächelt, den Kopf in den Nacken wirft und die Walnuss mit Leichtigkeit fängt. Doch stattdessen saßen wir auf einer Bank, und ich merkte, dass das alles nicht mehr zählte.

Ich war aufgeregt wegen der Situation und Spannung. Die Worte wollten nicht aus meinem Mund herauskommen. Stattdessen habe ich gesagt, dass ich tiefe Gefühle schon habe und mir keine Freundschaft vorstellen könnte. Ich habe eine andere unerwartete für mich Packung geöffnet. Es war wichtiger als diese Nüsse. Sie hatten schon keine Bedeutung. Nur er hatte die Bedeutung, nur dieses Gespräch. In diesem Moment begriff ich, dass keine Symbole, keine Spiele oder Tests jemals so wichtig sein könnten wie die Wahrheit, die ich gerade ausgesprochen hatte.

Ich war wieder mit den Nüssen unterwegs. Sie waren auf dem Weg zurück nach Osten. Ich habe die Packung geöffnet. Mit dieser Tat waren die Magie weg, sowie meine Hoffnung. Es war ein Symbol, das ich nicht mehr brauchte. Ich habe schon 2 mal den Mut in mir nicht gefunden. Ich wusste auch nicht, ob 3. Mal noch kommt. Walnüsse waren lecker, aber irgendwie auch bitter, weil sie nicht für mich waren. Wer weiß, vielleicht kaufe ich irgendwann noch eine Packung für ihn.

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