Veröffentlicht: 13.12.2024. Rubrik: Menschliches
Der Leser kommt, der Leser geht
Meine Worte spülen, wie die Gezeiten von Ebbe und Flut, den Leser an das Ufer meiner Inspiration. Manchmal fühlt er sich magisch angezogen und kann einfach nicht widerstehen und ein anderes Mal, ist es ihm ein Bedürfnis, so weit wie möglich fernzubleiben. Dieses Schauspiel, begleitet mich bereits mein ganzes Leben lang und scheint ein Naturgesetz in meinem Sein.
Einige Leser trotzen den Gezeiten und dann frage ich mich, ob sie meinen Erzählungen vielleicht nahe sein wollen, so wie ich mir ab und an wünschte, den Mond berühren zu können, da er für mich die Sonne ersetzt. Sein zerklüftetes Gesicht spiegelt die Ecken und Kanten meines Wesens die ich in meinen Werken auch ungeschminkt zur Schau stelle.
In meiner Seele sind Yin und Yang gefangen und welcher von beiden gerade meine Tastatur beflügelt, entscheidet gern über die Ausrichtung meiner Silbenflut. Ich weiß, dass dieses Wechselbad den Leser kurzfristig fordert, in das ich meine Silben tauche und sicher hätte ich auch die Möglichkeit, nur als bad Yin oder bad Yang zu erscheinen, aber ich zerreiße nicht, was zusammengehört, nur um einen schönen Schein zu erzeugen und möglichst zu gefallen.
Auf dieser Welt gibt es mehr als genug Lügen und ich möchte an meinen Eigenen nicht ersticken. So wie ich befreit einatme, so werde ich auch versuchen befreit auszuatmen, und was mein Sein dabei hervorbringt, ist die Summe eines Ganzen, das mich ausmacht. Ein Leben besteht nicht nur aus einem Lächeln, warum sollte ich dann versuchen, meinen Werken ein künstliches Lächeln aufzusetzen, wenn gerade Tränen fließen?
Konstante sind nur Trugbilder im Leben, denn im Strom der Zeit wird früher oder später alles zermahlen. So wie das Meer sich hebt und senkt, Sonne und Mond auf und untergehen, mein Freund der Wind erstarkt, nur um wieder abzuflauen, genauso wechselhaft ist das Leben und über nichts anderes mag ich schreiben. Ich weigere mich Standhaft, über eine heile Welt Worte zu verlieren, die kaum kaputter sein könnte aber vergesse auch nicht, der Liebe zu huldigen die stetig unseren Kern umspült, aber zu selten unserem Egoismus entkommt.
Der Leser kommt, der Leser geht, und wie auch immer er sich entscheidet, so ist er willkommen. In den Gezeiten des Lebens kann man sich begegnen oder aneinander vorbeilaufen und wie immer es sich verhält, genauso wird es richtig sein!