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2xhab ich gern gelesen
geschrieben von Bad Letters.
Veröffentlicht: 15.10.2024. Rubrik: Menschliches


Herbstblues

Das Holz will einfach kein Feuer mehr fangen, es ist inzwischen viel zu feucht und es will einfach nicht aufhören zu regnen. Alles ist nass und klamm, und nachts kann ich mich im Zelt noch nicht einmal mehr ausziehen, weil selbst der Schlafsack von Feuchtigkeit durchzogen ist.

Obwohl es noch nicht wirklich kalt ist, fühlt sich mein Körper mehr nach Winter als nach Herbst an. Die Raviolidose zu öffnen, gleicht einem Hindernisparcours, in dem ich aufpassen muss, nicht meine Finger zu verlieren. Nach drei Tagen kalten Suppen könnte ich eiskalte Ravioli geradezu als Dessert begreifen, nur eines, das keinerlei Wohlbefinden schenken möchte.

Dass das Feuer seit drei Tagen nicht mehr in Gang zu bringen ist, treibt mir die Tränen ins Gesicht. Die letzten zwei Tage als es noch brannte, weinte ich ständig, weil das Feuer vom zu feuchten Holz dermaßen qualmte, ich aber direkt in seinem Rauch sitzen musste, um wenigstens ein wenig seiner Wärme aufnehmen zu können.

Das Zelt glich teilweise einer Räucherei, in der ich bei lebendigem Leib geräuchert wurde. Ab und zu musste ich sogar lachen, so skurril kam mir die Situation vor. Was habe ich den Herbst früher besungen, ihm meine schönsten Melodien und Gedichte geschenkt und jetzt, wo ich hier draußen in der realen Wildnis hocke, bringt er mich fasst um. Da möchte ich nicht drüber nachdenken, wie es erst im Winter wäre.

Meine Kleidung fühlt sich inzwischen an wie Pappmaschee, sie steht vor Dreck und ist vom modrigen Boden kaum noch zu unterscheiden. Trotzdem lege ich alles, was ich habe in der Nacht über mich, damit meine Körperwärme nicht entweichen kann und ich zumindest etwas unruhigen Schlaf finde.

Der neue Morgen spiegelt den gestrigen Tag und meine Nerven liegen blank. Ich zittere am ganzen Körper. Die Reste der Ravioli vom Vortag werden mein Frühstück und als der Regen weiter zunimmt, läuft das Wasser innen die Zeltwand herunter. Gestern dachte ich noch, es könnte nicht schlimmer kommen. Jetzt werde ich eines Besseren belehrt.

Weitere zwei Tage später gehen meine Nahrungsreserven zu Ende und als der Regen vier Tage später endlich aufhört, liege ich bereits total entkräftet in meinem Zelt und kann mich kaum noch rühren. Mit letzter Kraft zerschlage ich meine Gitarre. Mit dem vorletzten Streichholz gelingt es mir ein Feuer aus ihrem trockenen Kleinholz zu entzünden.

Der ätzende Rauch des verbrennenden Lackes beißt in meinen Atemwegen, aber er bringt auch Wärme mit sich. Meine Gitarre brennen zu sehen bricht mir das Herz, entstanden mit ihr doch meine schönsten Lieder.

Ganz vorsichtig lege ich feuchtes Holz dazu, bis irgendwann ein richtiges Feuer prasselt. Einmal möchte ich es noch richtig warm haben, nur ein einziges Mal noch und ich werde dann auch nie wieder über die steigenden Energiekosten oder die Inflation bei den Lebensmittelpreisen jammern! Ich schwöre!

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Babuschka am 15.10.2024:
Kommentar gern gelesen.
Warum nur, um alles in der Welt, setzt sich der Protagonist tagelang diesen Qualen aus? Immerhin scheint er in den Wohlstand zurückkehren zu wollen, was mich zuletzt beruhigt.
LG Babuschka




geschrieben von Bad Letters am 19.10.2024:

Vielleicht Babuschka, ist die Bleibe vom Protagonisten ja von den Fluten fortgespült worden oder er hat in seiner Jugend liebend gern bei Wind und Wetter gezeltet und wollte das in seinem Lebensherbst noch einmal ausprobieren, da es so romanische Erinnerungen daran hatte. Nichts Genaues weiß man und ich danke ganz herzlich für deinen Besuch!

MfG
Bad Letters


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