Veröffentlicht: 02.06.2024. Rubrik: Aktionen
*Schulisches aus der 70er-Jahre-Schachtel {Juni-Aktion}
In der vierten Klasse (1970) stellte sich meinen Eltern, trotz meiner ausgezeichneten, schulischen Leistungen, gar nicht erst die Frage, ob das Töchterchen denn ein Gymnasium besuchen könnte. Als Mädchen würde sich eine höhere Schulbildung eh nicht lohnen, meinten sie, die Frauen hätten jung zu heiraten, dem Mann ein gemütliches Heim zu bereiten, und die Kinder großzuziehen. Mein Vater, von meiner Mutter als Autoritätsperson hochgejubelt, wusste für sich ganz genau, dass ich ein Bürofräulein werden sollte, eine von ihm als 'Büroschickse' bezeichnete Sekretärin, die seiner hinterwäldlerischen Meinung nach den ganzen Tag nichts zu tun hätte, als dem Chef auf dem Schoß zu sitzen und Kaffee zu kochen. Schon damals entsetzte mich diese Vorstellung! Davon, eine Lehrerin zu werden, träumte ich stattdessen, zunächst ein 'Fräulein Lehrerin', wie die unverheirateten Lehrerinnen bis vor fünfzig Jahren angesprochen wurden. So waren wir in der ersten Klasse zum Beispiel vom Fräulein Witscherl unterrichtet worden.
Die Oberschüler verließen uns also, wir restlichen Mädchen wurden in der fünften Jahrgangsstufe mit den Buben aus der parallelen Bekenntnisklasse gemischt. So etwas gab es damals tatsächlich noch, lauter katholische Kinder unter sich, getrennt nach Buben und Mädchen. Zwei Jahre lang durfte ich endlich unbefangene Koedukation erleben, die Jungs scherzten mit uns, tratzten uns, wir kicherten, wie Heranwachsende halt so sind in der Vorpubertät, meine Mutter sah dies zweifellos nicht gerne. Ferner musste sie sich von unserem neuen Lehrer, dem Herrn Lanig, fragen lassen, warum sie mich denn nicht aufs Gymnasium geschickt hätten. Folglich durfte ich daraufhin immerhin fraglos die Realschule besuchen. Damals, als die Realschulen auch noch fein säuberlich nach Buben und Mädchen sortiert waren.
Mein nie verloren gegangener, innerlich geheim gehaltener Wunsch, am Ende die Chance zu haben, studieren zu können, Lehrerin zu werden, der Bildungsferne meines engstirnig verstockten Elternhauses entfliehen zu können, irgendwann, dieser Wunsch hat trotzdem letztendlich gesiegt.
Meine Schultüte habe ich mir lang aufgehoben, sie hing in der Ecke über dem Schreibtisch, war goldfarben, mit einer Miezi drauf, viel zu groß, weshalb meine Mutter ihr Inneres unten mit einem rosafarbenen Petticoat ausgestopft hatte. Darüber verlockten Gummibären, zwei Päckchen CapriSonne und natürlich viele, viele bunte Smarties, die tagtäglich in der Werbung angepriesen wurden.