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11xhab ich gern gelesen
geschrieben von Gari Helwer.
Veröffentlicht: 19.12.2023. Rubrik: Aktionen


Schlittenfahrt

Es kommt mir so vor, als hätte es in unserer Kindheit in jedem Winter Schnee gegeben. Ich erinnere mich gut an einen dieser Wintertage...

Die ganze Nacht über hatte es geschneit und nun schien die Sonne vom blauen Himmel. In der klirrenden Kälte funkelte die Schneedecke, als sei sie mit Diamanten bestäubt. Was gab es da für uns Kinder Schöneres, als mit dem Rodelschlitten los zu ziehen? Nach der Schule verabredeten wir uns. Die eine Gruppe wollte im nahen Stadtwald, die andere auf der gesperrten "Rodelstraße" (Ja, sowas gab es damals! Die Autos wären ohnehin nicht heraufgekommen...) Schlitten fahren. Meine beste Freundin wohnte näher am Stadtwald, ich wollte mit den Kindern der direkten Nachbarschaft die Rodelstraße auskosten.

Es wurde ein herrlicher Nachmittag! Immer wieder sausten wir die schneebedeckte Straße hinab. Die Kinder, die gerade wieder den Schlitten die lange Strecke heraufzogen, wurden wir mit Schneebällen beworfen. - Obwohl von den Eltern strengstens verboten, banden wir die Schlitten auch aneinander, um dann in einer langen Schlange johlend die Straße unsicher zu machen. Bei der hohen Geschwindigkeit, die wir erreichten, gerieten die hinteren Schlitten bisweilen außer Kontrolle, brachen seitlich weg und kippten um. Wir fielen in den Schnee und lachten uns kringelig... Bei Einbruch der Dunkelheit zogen wir müde, nass und durchgefroren, mit fast abgefrorenen Zehen und festgepappten Schneeklumpen an den Fäustlingen glücklich nach Hause.

Am nächsten Morgen freute ich mich darauf, mit meiner besten Freundin unsere Erlebnisse auszutauschen. Wir trafen uns vor dem Schultor und ich fragte sie, ob sie auch soviel Spaß im Schnee gehabt hatte, wie ich! Aus großen Augen schaute sie mich an: "Der Kai ist tot!" - "Waaaas?"

Kai L. - ein Junge aus ihrer Nachbarschaft und Schüler unserer Parallelklasse war beim Rodeln verunglückt. Er war auf dem Bauch liegend die steile Lichtung hinabgesaust. Mitten auf der Lichtung steht eine alte Eiche - mit viel Platz darum herum. Kai konnte seinen Schlitten wohl nicht richtig lenken und prallte in voller Fahrt dagegen. Er war sofort tot. -

Stille herrschte an diesem Vormittag in unserer Schule, wir alle waren zutiefst schockiert, traurig und fassungslos!

Wenn ich heute mit meinem Hund im Stadtwald spazieren gehe und an der Lichtung vorbei komme, schaue ich auf die alte Eiche und denke an Kai. Jedes Mal, auch wenn seither schon Jahrzehnte vergangen sind. Kai wurde nur 11 Jahre alt...

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Babuschka am 19.12.2023:
Kommentar gern gelesen.
Urplötzlich wird aus einer frohfröhlichen Geschichte eine todtraurig erschütternde. Du hast den Schock, den du erlebt hast, gut rübergebracht; mitreißend geschrieben.
LG Babuschka




geschrieben von Gari Helwer am 19.12.2023:

Danke, Babuschka! Ja, die Geschichte ist leider wahr - mir läuft es heute noch kalt den Rücken runter, wenn ich Kinder auf diese Weise rodeln sehe... LG




geschrieben von Christelle am 19.12.2023:
Kommentar gern gelesen.
Gari, ich kann nur wiederholen, was Babuschka gesagt hat. Du hast den ersten Teil so toll und lebendig geschildert, dass man sich direkt dazugehörig fühlte und den Spaß von euch Kindern beim Lesen der Geschichte miterleben konnte.

Und dann dieser schreckliche Unfall! Von einem Moment auf den anderen ist alle Fröhlichkeit vorbei. Ich kann eure Fassungslosigkeit gut nachvollziehen. Dass dich das heute noch berührt, verstehe ich.

Und dieser Beitrag ist, um es mit Banuschkas Worten zu sagen, „mitreißend geschrieben.“
LG




geschrieben von Jens Richter am 20.12.2023:
Kommentar gern gelesen.
Hallo Gari,
Deine Geschichte hat mich sehr berührt.
Meinem Schulfreund ist damals ähnliches passiert.
Er hatte allerdings das Glück, dass er sich "nur" den Arm gebrochen hat.
Sehr gern gelesen.
Viele Grüße, Jens




geschrieben von Gari Helwer am 20.12.2023:

Dankeschön, Christelle! Ja, der Gegensatz konnte nicht größer sein... LG




geschrieben von Gari Helwer am 20.12.2023:

Danke für Deinen Kommentar, Jens! Als Kind überschätzt man sich manchmal und schlägt die warnenden Hinweise der Eltern in den Wind... Viele Grüße auch an Dich!




geschrieben von Marlies am 20.12.2023:
Kommentar gern gelesen.

Lieber Gari ,
Ich habe in jungen Jahren, ähnliches erlebt und kann deinen Blick auf den Baum und die Erinnerung an den Freund, gut verstehen.
Wie schön dass er in deiner Erinnerung weiterlebt

LiebeGrüße
Marlies.




geschrieben von Gari Helwer am 20.12.2023:

Danke, Marlies! Mir fällt gerade ein Spruch ein (von wem, weiß ich nicht mehr...): " Du stirbst erst wirklich, wenn niemand mehr an dich denkt! " LG an Dich




geschrieben von Weißehex am 22.12.2023:
Kommentar gern gelesen.
Hallo Gari,

eine wirklich heftige wahre Geschichte mit so einem traurigen Ende!

LG Weißehex




geschrieben von Gari Helwer am 22.12.2023:

Ja, Weißehex, der Tag ist mir noch immer im Gedächtnis - während wir soviel Spaß hatten, spielte sich im Stadtwald, ganz in unserer Nähe, diese Tragödie ab... Gut, dass ich es nicht unmittelbar mit erleben musste! LG

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