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geschrieben von Heinz Werner.
Veröffentlicht: 20.11.2023. Rubrik: Unsortiert


Denkfaul - geht die Welt zugrunde?

Denkfaul, geht die Welt zugrunde?
Zwischen Apokalypse und Paradies
(Anthologie 2024 der Frankfurter Verlagsgruppe)

Denkfaulheit, auch als kognitive Faulheit bezeichnet, liegt vor, wenn wir nicht über Informationen nachdenken oder tiefer in ein Thema einsteigen. Sie wird oft mit Engstirnigkeit, Arroganz oder Dummheit verbunden (wohl nicht zu Unrecht). Es ist unsere Neigung zur gedanklichen Bequemlichkeit. Denkfaulheit ist allgegenwärtig – sie begegnet uns immer und überall. Die Folgen sind gravierend. Man kann uns alle möglichen „Fake News“ präsentieren – wir erkennen sie nicht. Weil wir nicht kritisch nachdenken, angebliche Fakten nicht von einer anderen Warte oder aus anderem Blickwinkel betrachten und nicht mögliche Absichten des Absenders bedenken. Der zwanghafte Drang – nicht nur von Jugendlichen – das Handy bei allen Gelegenheiten zu befragen und alle Informationen aus dieser Quelle für wahr zu halten und permanent mit dem Handy zu leben, ist ein Armutszeugnis erster Klasse und gewöhnt uns das Denken ab.
Da ist das ältere Paar, das beim Essen, jeder für sich, auf das Handy schaut, kaum miteinander spricht und so tut, als seien die Infos auf dem Handy wichtiger, als das Gespräch mit dem Partner und die zwischenmenschlich Kommunikation. Haben die sich nichts mehr zu sagen, gibt es keine gemeinsamen Interessen oder Themen mehr?
Angst und bange wird mir beim Gedanken an Künstliche Intelligenz (KI). Wenn angebotenes Wissen unreflektiert widergegeben wird, sind Denkfaulheit und die damit verbundenen möglichen Folgen vorprogrammiert, z.B. falsche Beschuldigungen, Manipulationen, politische Beeinflussung, Verschwörungstheorien oder Schlimmeres. Einfache Lügen erhalten den Vorzug vor unbequemen Wahrheiten! Mögliche Gefahren – sicher auch Chancen – dieser neuen Entwicklung, vor allem im Finanz-/Kryptobereich, können wir nicht einmal erahnen.

Mit Blick auf Social Media Plattformen – besonders auf Tik Tok – muss man wirklich fürchten, dass die Apokalypse unvermeidlich ist. Es ist kaum zu glauben, dass sich Kinder und Jugendliche zu sinnlosen, gefährlichen und lebensbedrohlichen „Challenges“ überreden lassen und darauf noch stolz sind. Ist es Konformitätsdruck – ich will dazu gehören - oder einfach nur unglaubliche Dummheit? In welcher Welt leben wir und wo soll das enden? Ebenso erschreckend ist, dass man im Wartezimmer, vor Haltestellen oder im Zug fast nur noch Leute sieht, die „am Handy hängen“, Wo bleiben das kritische Denken, die eigene Meinung? Kein Wunder, dass nach neuesten Studien 25% der Abschlußklassen von Grundschulen nicht lesen können und anspruchsvolle Texte nicht verstehen.
Was kann man tun? In den Schulen – und bei Erwachsenen – positives Denken
vermitteln und zu Selbstreflektion und – ja – Achtsamkeit anhalten. Es gilt, mit allen Sinnen in der Gegnwart zu sein und den Tunnel einseitiger Informationen und Einflüsterungen zu verlassen. Wird das nicht gelingen, werden wir schneller als wir annehmen auf die Apokalypse zurasen.

Gibt es auch positive Aspekte der Denkfaulheit oder von KI? Ja, wenn es gelingt, KI nicht als Feind auszumachen, sondern als Hilfe, Themen ganzheitlich zu erfassen und uns so eine fundiertere Meinung zu bilden. Der Begriff der guten Einfalt bezeichnet Merkmale wie Unschuld, Staunenkönnen, Treue oder dem Schein vertrauen, keine Kalküle verfolgen etc. als durchaus sympathisch (1). Vielleicht, weil dadurch etwas mehr Menschlichkeit und Wärme in einer sonst berechnenden und kalten Umwelt kommen. Wenn die großen Möglichkeiten der neuen Entwicklungen klug genutzt werden und die Kreativität des menschlichen Geistes – es gibt in aller Welt sehr viele überaus positive Ansätze – in die richtigen Bahnen gelenkt wird, muss uns nicht bange werden. Wenn wieder mehr Gemeinsinn und weniger Egoismus herrschen, stimmt die Aussage
      We rise by lifting each other

(1) Petra Gehring, Philosopie-Professsorin TU Darmstadt

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