Veröffentlicht: 12.10.2023. Rubrik: Aktionen
Ernten, was man sät? (Oktober-Aktion)
Man mag die Bibel wunderbar finden oder ignorieren, in falschem Zusammenhang zitieren oder extrem auslegen, aber ganz objektiv gesehen enthält sie viele Lebensweisheiten, bei denen es besser wäre, der Mensch würde sich danach richten.
Eine davon, deren letzter Teil sehr bekannt ist:
Gal 6,7 Täuscht euch nicht: Gott lässt keinen Spott mit sich treiben; was der Mensch sät, wird er ernten.
Gier nach mehr und mehr hat die Menschheit dahin gebracht, wo sie heute ist, und die Ernte im großen Maßstab gesehen ist z.B. das Aussterben diverser Arten (Insekten, Vögel, Meerestiere …), Bodenverseuchung, Luftverschmutzung usw., der Mensch gräbt sich sein eigenes Grab.
Und doch, wenn wir es im Kleinen betrachten, gibt dieser Bibelspruch doch nur die halbe Wahrheit wieder. Es fehlen das Wie, Wohin, unter welchen Umständen und wer kann sich noch einmischen.
Ich säe Getreide, Körner aus einer Charge, alle haben in etwa dieselben Eigenschaften, Gene, stammen aus derselben Sorte.
Nur, es ist nicht egal, wohin ich sie säe, wie die Bodenbeschaffenheit ist, wie ich sie gieße bzw. wie oft und stark das Wetter sie gießt, wie viel Sonne sie abbekommen und wie warm oder kalt es jeweils ist. Unterschiede in diesen Voraussetzungen erzeugen merkliche Unterschiede im Ergebnis bei der Ente. Das kann jeder Landwirt bestätigen und das kann er nicht steuern.
Ähnliches kann man auch im übertragenen Sinn bemerken. Ich säe, d.h. ich erziehe meine Kinder, so gut es geht, mit denselben Prinzipien. Sie haben alle dasselbe Vorbild, sie stammen aus demselben Genpool. Aber auch hier sind Umweltbedingungen, wozu ich auch soziales Umfeld rechne, entscheidend für die gravierendsten Unterschiede bei dem, was dabei herauskommt. Die Kinder haben unterschiedliche Lehrer/Mentoren, Freundeskreise, die Interessen unterscheiden sich und führen zu verschiedenen Hobbys, Beschäftigungen, unterschiedlicher Berufswahl und all das habe ich als Elternteil nicht gesät, werde es aber ernten.
Meine Schlussfolgerung: Man erntet nicht immer, was man sät, sondern das, was Umwelt und Zufall draus machen.
Ich kann mir, wenn ich meine Saat so gut, wie ich es konnte und wusste, gepflegt habe, keine Schuld dran geben oder zur Rechenschaft dafür gezogen werden, wenn nicht das dabei herauskommt, was man erwarten könnte. Es gibt von mir unbeeinflussbare Bedingungen, die sich in größerem Maße auswirken, als der Bibelspruch vermuten lässt.
Auch wenn ich den Ausspruch z.B. auf die Beziehung zwischen zwei Menschen anwende, also eine kleinere Portion Saat ausstreue, ist er viel zu allgemein.
Angenommen, einer schreit den anderen wütend an, dann ist es doch nicht automatisch so, dass der andere zurückbrüllt. Einer sät Zorn, Wut, Ärger, negative Gefühle und klar, sehr häufig kommt das zurück (Wie man in den Wald hineinruft …). Es gibt jedoch auch die Möglichkeit, dass das Gegenüber in ruhigem Ton antwortet, sich nicht persönlich betroffen fühlt, die Sache distanzierter betrachtet als der Schreihals und damit die Gefühle insgesamt ins Positive umkehren kann.
Der gesäte Ärger kommt nicht automatisch als Ernte an.
„Was der Mensch sät, wird er ernten“ ist zwar im Großen und Ganzen gesehen eine gute Richtschnur, doch man hat nie selber alles im Griff.