Veröffentlicht: 08.09.2023. Rubrik: Nachdenkliches
Gaspar
Bleiche Gesichter im Saal. Wenig Publikum. Angespannte Stimmung. Gedämpfte Geräusche. Verhaltenes Getuschel. Abweisend. Vor ihm und daneben. Die Haltung stark verkrampft. Kein Zuspruch. Fehlende Unterstützung. Gaspar erwartet keine. Auch nicht vom Nebenmann. Vom Anwalt. Der ist nervös. Tut seine Pflicht. Spielt unruhig mit einem Stift. Wippt mit den Füßen.
Eine Reihe von Zeugenvernehmungen. Dann die letzte Aussage. Die vorherigen überwiegend diffus. Zweifelhaft. Nichts erscheint schlüssig. Nun dieser. Ein Geistlicher. Ausgerechnet. Einziger Augenzeuge. Der Anwalt bleibt nervös. Gaspar nicht. Er ist Wiederholungstäter. Keinerlei zuversichtliche Erwartungen bei ihm. Besonders nicht von diesem Zeugen. Ein erster Augenkontakt. Flüchtig. Ein Zucken um die Mundwinkel des Pfaffen. Schwer zu deuten. Starke Irritation. Großes Unbehagen auf den Gesichtszügen. Dies unterstreicht die Unsicherheit. Anflüge von Scham werden sichtbar. Das sieht nur Gaspar. Er kennt diesen Pfarrer. Aus früherer Zeit. Dunkle Erinnerungen. Ein unangenehmer Seelenschmerz steigt auf. Lange verborgene Gefühle. Auch beim Priester. Wirken dort eher lästig. Peinlich. Verhaltene Sprache. Anfänglich. Stark befangen. Immer wieder der Blick zu Gaspar. Der hält stand. Zeuge wendet sich ab. Hin zum Richter. Macht seine Aussage.
Der Vorsitzende hört zu. Aufmerksam. Fragt nach. Dann Zeichen der Verständigung. Nicken als Bestätigung. Gaspar bleibt im Unklaren. Der Anwalt grinst. Erleichterung bei ihm. Spruch des Gerichts wirkt befreiend. Gaspar ist nicht schuldig. Zu viele widersprüchliche Zeugenaussagen. Bezeugung des Pfarrers entscheidet. Hat mehr Gewicht.
Ein Letzter Blick zum Beschuldigten. Die Anklage fällt. Kein Kirchenraub. Zumindest nicht nachweisbar. Gaspar versteht. Er entbindet von nichts. Keine Vergebung von ihm. Für das, von vor zwanzig Jahren. Von ihm kein „Quid pro quo.“