Veröffentlicht: 11.11.2018. Rubrik: Unsortiert
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Luna und Strolch landeten nach einer Odyssee aus Schneechaos, stillgelegten Bahngleisen, gesperrten Straßen und umgebuchten Flügen Anfang März in Zürich.
Zwei weitere Stunden Autofahrt und sie es waren an ihrem Ziel angelangt. 12 Stunden Anstrengung, Stress und Gefühlschaos waren überstanden.
Die ersten Wochen fühlten sich mehr wie ein Urlaub an als die Rückkehr nach Hause. Obwohl ihr nicht danach war musste Luna akzeptieren, dass ihr Leben nun wieder in Deutschland stattfinden würde und es galt dieses Leben anzugehen und die ersten Schritte zu gehen.
Diese ersten Schritte waren unangenehm, denn sie führten Luna zur Agentur für Arbeit. Trotz ihrer Bemühungen eine neue Arbeit zu finden hatte es bis zur Ankunft in Deutschland nicht geklappt somit musste Luna den Weg zur Agentur gehen.
Arbeit hatte schon immer einen ganz großen Stellenwert in Luna's Leben. Durch die Arbeit identifizierte sich Luna, es gab ihrem Leben einen Sinn und einen Grund aufzustehen. Aus diesem Grund legte Luna alles daran eine Anstellung zu finden, aber sie war auch wählerisch. Vermutlich war sie nicht in der Position um sich die Rosinen rauszupicken, aber Luna wusste, dass sie hinter dem stehen muss was sie tut damit es funktioniert. Also pickte sie sich die Rosinen raus. Es waren viele interessante Rosinen zu finden und trotz der Müdigkeit die sie aufzufressen drohte sah sie allem positiv entgegen und schrieb Bewerbungen über Bewerbungen.
Nach zwei Vorstellungsgesprächen, etlichen Absagen und einem Probearbeiten kam dann der nächste Zusammenbruch. Alles war zu viel. Die Müdigkeit nahm sie wieder in Besitz und fraß sie auf.
Hinzu kamen viele Ängste die sie bisher nicht kannte, zumindest nicht wahrgenommen hatte, nie bewusst erlebt. Angst vor Nähe, Angst vor (vielen) Menschen (egal, ob Freunde oder Familie), Geräusche und Lärm konnte sie nur sehr schlecht aushalten, das Smartphone immer mit dabei, um im Notfall als Ablenkung dienen zu können. Gewisse pflanzliche Substanzen waren das einzige in Kombination mit dämpfenden Antidepressiva, um ihren Kopf und Gedanken einigermaßen ruhig zu stellen. Gespräche oder treffen mit anderen mussten massiv dosiert werden, ein Tag unterwegs bedeutete ein Tag Pause im Anschluss. Einen Abend nicht wie gewohnt zu Hause sitzen bedeutete ziemlich wahrscheinlich eine schreckliche Nacht steht ihr bevor. Schlafen war erneut erst zum Morgengrauen möglich und dieser Schlaf war nicht sonderlich erholsam. Einen Alltag zu beschreiten, wie es andere mit Anfang 30 taten war unmöglich. Jeder Gang nach draußen, jeder Kontakt raubte ihr jegliche Energie von der sie sowieso kaum welche hatte.
Dies zu akzeptieren war ebenso unmöglich. Sich einzugestehen, dass man nicht so funktioniert wie die Gesellschaft es wünscht, nicht so zu funktionieren wie man selbst denkt, dass man zu funktionieren hat ist nicht einfach. Es war hart. Hart, aber wichtig.
Wichtig um gesund zu werden.
Nach einem Besuch bei ihrer Ärztin wurde Luna auf unbestimmte Zeit krankgeschrieben. Auch das war nicht einfach zu akzeptieren. Vor allem vor anderen schämte sich Luna, aber auch vor sich selbst schämte sie sich.
Es war ein Rückschlag, es fühlte sich wie versagen an. Wieder krankgeschrieben, wieder nicht in der Lage so zu leben wie es sein sollte, wieder zu schwach für diese Welt. Vor sechs Jahren war Luna schon einmal an diesem Punkt. Luna war Bulimikerin. Ihr damaliges Leben drehte sich nur um Essen, Kalorien, Fressanfälle, hungern und kotzen. Zwei Jahre in Folge verbrachte Luna die Sommer in einer psychosomatischen Klinik und unterzog sich einer stationären Behandlung. Nach dem ersten Aufenthalt verlor Luna ihren damaligen Job, was sie so sehr aus Bahn geworfen hatte, dass sie zwei Jahre brauchte um wieder Fuß zu fassen und wieder am Leben teilnehmen konnte.
Dass sie nun, 6 Jahre später erneut an einem ähnlichen Punkt war hätte sie sich niemals träumen lassen und umso mehr machte es ihr zu schaffen. Das es ihr schlechter ging als je zuvor hätte sie sich niemals vorstellen können. Luna dachte die schlimmste Zeit ihres Lebens sei überstanden.
Ständig das Sorgenkind der Familie zu sein war schrecklich, sie war die Älteste von drei Schwestern und sollte doch mit gutem Vorbild vorangehen und ihren Schwestern zur Seite stehen, nicht andersrum. Aber so war es und sie musste es akzeptieren. Sie musste ihren Weg finden, sie musste zu sich selbst finden und herausfinden was sie sich für sich und ihr Leben wünschte. Und das Trauma aufarbeiten, das tief in ihr schlummerte und der Grund all der Essstörungen, Ängste, Depressionen und schlaflosen Nächte war.