Veröffentlicht: 24.01.2023. Rubrik: Unsortiert
Spinnen
Spinnen
Was war das … Ein hartes Knistern ... Wie das Rattern von Maschinengewehren oder das Prasseln von trockenen Erbsen auf einen nackten Steinboden …
Benommen setzte ich mich auf. An der Wand über dem Kleiderschrank bewegte sich etwas Schwarzes. Ich drehte die Nachttischlampe so, dass ihr Strahl genau auf den Fleck fiel: Eine dicke schwarze Spinne.
Ein greller Lichtschein riss für den Bruchteil einer Sekunde die schwarze Nacht vor dem Fenster auf. Jetzt erkannte ich auch, woher das Geknatter kam: Dicke silberne Regentropfen, die gegen die Scheibe trommelten. Draußen tobte sich gerade ein Gewitter aus. Blitz auf Blitz, gefolgt von krachenden Donnern. Doch trotz des Getöses erschien mir das Zimmer seltsam ruhig. Irgend ein charakteristisches Geräusch fehlte. Ich drehte den Kopf: Das Bett neben mir war leer, Deckbett und Kopfkissen unbenutzt. Eine Weile dachte ich über diese seltsame Entdeckung nach. Hatte Karl nicht noch vor zehn Minuten neben mir gelegen und wie ein satter Bär geschnarcht?
Wieder suchte mein Blick die Stelle über dem Kleiderschrank. Aus der einzelnen Spinne war mittlerweile ein ganze Spinnenschule geworden, die langsam auf die Deckenleuchte zu kroch; dicke kleine pelzige Mini-Monster mit überlangen behaarten Beinen. Ha, dachte ich, wer hat denn vor Spinnen Angst! Ich sprang aus dem Bett, um den Staubsauger zu holen – doch sofort hechtete ich wieder zurück: Der Bettvorleger war pitschnass. Verdutzt blickte ich auf die Dielen. Das gibt es doch nicht! Aus den Ritzen im Boden quoll Wasser! Mit zusammengebissenen Zähnen patschte ich zur Tür. Abgeschlossen; der Schlüssel steckte von außen. Karl, was soll das?, rief ich, wild gegen die Tür hämmernd, mach sofort auf! Ich wartete; nichts rührte sich. Durch knöcheltiefes Wasser watete ich fröstelnd zurück zum Bett. Dabei warf ich einen Blick aus dem Fenster und erstarrte. Ein blassgelber Mond, eingeklemmt zwischen zwei Wolkenbändern, beschien eine endlos glitzernde Wasserfläche, aus der hier und da ein paar kahle Baumwipfel ragten – dort, wo noch vor zwei Stunden der Garten gewesen war. Ungläubig beugte ich mich weiter vor. Die Flut stand bereits unterm Fenstersims, schon beleckten einzelne Wasserzungen die Scheiben. Ich dachte: Wenn das Wasser weiter steigt … herrje, wird das Fenster standhalten, oder wird es dem Wasserdruck nachgeben? Vor Kälte bibbernd kroch ich ins Bett zurück.
Die Deckenleuchte war mittlerweile schwarz vor Spinnen; schon begannen einige, sich an unsichtbaren Fäden abzuseilen. Es war abzusehen, dass die ersten in wenigen Sekunden das Fußende des Bettes erreichen würden – auch Spinnen lieben Wärme. Ich hab nichts gegen Spinnen, flüsterte ich, ich hab nichts gegen Spinnen ... Doch vorsichtshalber zog ich die Knie an.
Die Wand über dem Schrank war jetzt fast vollständig mit Spinnen bedeckt, die in mehreren Zügen neue Wege suchten. Ein dicker Pulk krabbelte in atemberaubender Geschwindigkeit den Schrank hinunter und versuchte von dort aus, das Bett zu erreichen. Andere zogen eiligst Hilfsfäden unter der Zimmerdecke, und begannen, sich von dort aus auf das Bett niederzulassen. Na klar! Sie wollen mich aus meinem Bett vertreiben, so wie ich sie immer wieder aus ihren Nestern vertrieben habe ...
Obwohl die Tiere mittlerweile große Teile der Wände bedeckten, nahm ihr Strom keineswegs ab. Immer mehr der schwarzen Biester krabbelten hinder dem Schrank hervor. Ein Zug erreichte gerade die Gardinenstange. Jetzt bemerkte ich auch, dass nicht nur aus dem Boden, sondern auch aus dem Fensterrahmen Wasser quoll; in dünnen Bächen lief es die Wand hinunter. Ein Blitzschlag ließ mein Blut erstarren: Deutlich erkannte ich den wild bewegten Wasserspiegel in Höhe des Fenstergriffs.
Inzwischen hatte sich eine große Anzahl Spinnen auf der Bettdecke versammelt. Nun rückten sie in geschlossener Formation auf das Kopfende zu. Aufs Höchste alarmiert warf ich die Bettdecke zurück, sprang aus dem Bett und hastete zur Tür. Meine Nerven zuckten wie falsch gepolte Elektrokabel. Hilfe, schrie ich, Hilfe! Warum hilft mir denn keiner? In rasender Verzweiflung trat ich mit der Fußsohle mehrmals kräftig gegen die Tür … Holz splitterte ... Die Deckenlampe fiel herab und traf mich schmerzhaft an der Schulter – –
„Martha!“, rief Karl und schüttelte mich, „hast du wieder schlecht geträumt?“ Er sah mich besorgt an. „Du hast gerade das Fußende abgetreten!“
Was war geschehen?
Gestern hatte ich in der Zeitung gelesen, irgendwo habe es ein schweres Gewitter gegeben; daraufhin seien die Spinnen in den überfluteten Zimmern die Wände hoch gekrochen.
Was war das … Ein hartes Knistern ... Wie das Rattern von Maschinengewehren oder das Prasseln von trockenen Erbsen auf einen nackten Steinboden …
Benommen setzte ich mich auf. An der Wand über dem Kleiderschrank bewegte sich etwas Schwarzes. Ich drehte die Nachttischlampe so, dass ihr Strahl genau auf den Fleck fiel: Eine dicke schwarze Spinne.
Ein greller Lichtschein riss für den Bruchteil einer Sekunde die schwarze Nacht vor dem Fenster auf. Jetzt erkannte ich auch, woher das Geknatter kam: Dicke silberne Regentropfen, die gegen die Scheibe trommelten. Draußen tobte sich gerade ein Gewitter aus. Blitz auf Blitz, gefolgt von krachenden Donnern. Doch trotz des Getöses erschien mir das Zimmer seltsam ruhig. Irgend ein charakteristisches Geräusch fehlte. Ich drehte den Kopf: Das Bett neben mir war leer, Deckbett und Kopfkissen unbenutzt. Eine Weile dachte ich über diese seltsame Entdeckung nach. Hatte Karl nicht noch vor zehn Minuten neben mir gelegen und wie ein satter Bär geschnarcht?
Wieder suchte mein Blick die Stelle über dem Kleiderschrank. Aus der einzelnen Spinne war mittlerweile ein ganze Spinnenschule geworden, die langsam auf die Deckenleuchte zu kroch; dicke kleine pelzige Mini-Monster mit überlangen behaarten Beinen. Ha, dachte ich, wer hat denn vor Spinnen Angst! Ich sprang aus dem Bett, um den Staubsauger zu holen – doch sofort hechtete ich wieder zurück: Der Bettvorleger war pitschnass. Verdutzt blickte ich auf die Dielen. Das gibt es doch nicht! Aus den Ritzen im Boden quoll Wasser! Mit zusammengebissenen Zähnen patschte ich zur Tür. Abgeschlossen; der Schlüssel steckte von außen. Karl, was soll das?, rief ich, wild gegen die Tür hämmernd, mach sofort auf! Ich wartete; nichts rührte sich. Durch knöcheltiefes Wasser watete ich fröstelnd zurück zum Bett. Dabei warf ich einen Blick aus dem Fenster und erstarrte. Ein blassgelber Mond, eingeklemmt zwischen zwei Wolkenbändern, beschien eine endlos glitzernde Wasserfläche, aus der hier und da ein paar kahle Baumwipfel ragten – dort, wo noch vor zwei Stunden der Garten gewesen war. Ungläubig beugte ich mich weiter vor. Die Flut stand bereits unterm Fenstersims, schon beleckten einzelne Wasserzungen die Scheiben. Ich dachte: Wenn das Wasser weiter steigt … herrje, wird das Fenster standhalten, oder wird es dem Wasserdruck nachgeben? Vor Kälte bibbernd kroch ich ins Bett zurück.
Die Deckenleuchte war mittlerweile schwarz vor Spinnen; schon begannen einige, sich an unsichtbaren Fäden abzuseilen. Es war abzusehen, dass die ersten in wenigen Sekunden das Fußende des Bettes erreichen würden – auch Spinnen lieben Wärme. Ich hab nichts gegen Spinnen, flüsterte ich, ich hab nichts gegen Spinnen ... Doch vorsichtshalber zog ich die Knie an.
Die Wand über dem Schrank war jetzt fast vollständig mit Spinnen bedeckt, die in mehreren Zügen neue Wege suchten. Ein dicker Pulk krabbelte in atemberaubender Geschwindigkeit den Schrank hinunter und versuchte von dort aus, das Bett zu erreichen. Andere zogen eiligst Hilfsfäden unter der Zimmerdecke, und begannen, sich von dort aus auf das Bett niederzulassen. Na klar! Sie wollen mich aus meinem Bett vertreiben, so wie ich sie immer wieder aus ihren Nestern vertrieben habe ...
Obwohl die Tiere mittlerweile große Teile der Wände bedeckten, nahm ihr Strom keineswegs ab. Immer mehr der schwarzen Biester krabbelten hinder dem Schrank hervor. Ein Zug erreichte gerade die Gardinenstange. Jetzt bemerkte ich auch, dass nicht nur aus dem Boden, sondern auch aus dem Fensterrahmen Wasser quoll; in dünnen Bächen lief es die Wand hinunter. Ein Blitzschlag ließ mein Blut erstarren: Deutlich erkannte ich den wild bewegten Wasserspiegel in Höhe des Fenstergriffs.
Inzwischen hatte sich eine große Anzahl Spinnen auf der Bettdecke versammelt. Nun rückten sie in geschlossener Formation auf das Kopfende zu. Aufs Höchste alarmiert warf ich die Bettdecke zurück, sprang aus dem Bett und hastete zur Tür. Meine Nerven zuckten wie falsch gepolte Elektrokabel. Hilfe, schrie ich, Hilfe! Warum hilft mir denn keiner? In rasender Verzweiflung trat ich mit der Fußsohle mehrmals kräftig gegen die Tür … Holz splitterte ... Die Deckenlampe fiel herab und traf mich schmerzhaft an der Schulter – –
„Martha!“, rief Karl und schüttelte mich, „hast du wieder schlecht geträumt?“ Er sah mich besorgt an. „Du hast gerade das Fußende abgetreten!“
Was war geschehen?
Gestern hatte ich in der Zeitung gelesen, irgendwo habe es ein schweres Gewitter gegeben; daraufhin seien die Spinnen in den überfluteten Zimmern die Wände hoch gekrochen.