Veröffentlicht: 21.11.2022. Rubrik: Menschliches
Babylonisches Sprachengewirr
Einst begannen die Menschen in Babel einen Turm zu bauen, der so hoch wie kein anderer sein sollte. Weit in den Himmel sollte er hineinragen. Sie versuchten Gott zu erreichen. Das wollte Gott nicht. Alles Göttliche sollte von den Menschen angestrebt aber nie erreicht werden. Er suchte einen Weg, den Bau zu verhindern und schenkte den Menschen viele verschiedene Sprachen. Nun verstand keiner mehr den anderen. Der Bau kam zum Erliegen und die Menschen trennten sich. Jede Gruppe zog sich in ein Gebiet zurück, das ihr gefiel und sie sich niederlassen wollte.
In meinem ersten All-Inclusive-Urlaub hatte ich den Eindruck am Pool eines Club-Hotels haben sich Menschen aus den verschiedensten Ländern, viele unterschiedliche Sprachen sprechend, wieder getroffen. Ich hörte niederländisch, schwedisch, deutsch, türkisch, arabisch, englisch, spanisch und manchmal griechisch. Nun war ich auf Kreta. Die Sprache, die mir am meisten verloren schien, war griechisch. Verloren kam ich mir auch vor. Verloren zwischen allem, was uns trennt. Ich habe gestaunt, welch buntes Sprachengewirr an einem Hotelpool möglich ist und gesucht, was uns verbindet. Recht ziellos lagen wir am Pool, jeder in seinen Gedanken, im Buch oder mit den eigenen Kindern im Spiel. Erlebnisse, über die ich meine Erfahrungen hätte mit jemandem austauschen können, gab es keine. Jeder war dankbar über die jeden Tag gleichbleibende Struktur, die die festen Mahlzeiten mit sich brachten. So wussten sie, wie der Tag vergehen kann. Gleiche Interessen? Literatur? Nein. Das Land und seine Kultur, in dem wir Urlaub machten? Nein. Die Familie? Ein wenig. Für einen Tag kam ich ins Gespräch mit einer Familie zu dem Thema, wie schnell Kinder lernen. Am nächsten Tag reisten sie ab. Unter denjenigen, die meine Sprache sprachen, gab es keine Verbindung, selten immerhin ein Gespräch, dass ich mit Erwachsenen führen konnte. Ich war nicht auf der Suche nach Freundschaften und hab auch einen Flirt ausgeschlossen. Einfach gute Gespräche mit Fremden haben manchmal etwas sehr Bestärkendes. Einfach mal in Kontakt treten, finde ich sehr erholsam. Erholsamer als einfach nur abzuhängen und nichts sagen, nichts hören.