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6xhab ich gern gelesen
geschrieben 2022 von Christine Todsen.
Veröffentlicht: 05.09.2022. Rubrik: Spannung


Kommissar Kuhlmann und das übertötete Mädchen

Warnung: Nichts für zartbesaitete Gemüter!


Kommissar Kuhlmann, der für seine Berufserfahrung und seine breite Allgemeinbildung berühmte Ermittler, dachte noch immer gern an seinen Urlaub im Alpenvorland zurück. Er liebte die heitere, friedliche Landschaft und auch die Menschen, wenngleich er deren Dialekt oft nur mühsam verstand. Manche schienen gar kein ‚a‘ sprechen zu können. Jo, jo…

Ein Blick in die neueste Ausgabe seiner Tageszeitung machte ihm jedoch schlagartig klar, dass auch sein Ferienparadies nicht vor Schwerstkriminalität geschützt war. Nur zwei Kilometer von seinem Urlaubsort entfernt war die grausam zugerichtete Leiche eines Mädchens aufgefunden worden. Das Opfer war nicht nur getötet, sondern regelrecht abgeschlachtet worden – eine sogenannte Übertötung. Es handelte sich um eine 14-jährige Kosovo-Albanerin, die erst seit einem Monat in Deutschland wohnte.

Wie Kuhlmann las, waren die Ermittler sich einig: „Der oder die Täter müssen das Opfer extrem gehasst haben. Anders ist eine solche Übertötung nicht zu erklären.“

Der Kommissar ließ die Zeitung sinken und dachte nach. Eine junge Kosovo-Albanerin. Erst seit einem Monat im Lande…

Schließlich suchte er im Online-Telefonbuch die Nummer der Polizeidienststelle seines Ferienortes. Bei seinem Anruf meldete sich ein Beamter, den er persönlich kennengelernt hatte. „Hallo, hier Kuhlmann. Vor vierzehn Tagen sind wir uns ja auf dem Dorffest begegnet. Leider las ich soeben von dem übertöteten Mädchen in Ihrer Gegend. Wissen Sie schon, wer es umgebracht hat?“

In stark dialektal gefärbtem Deutsch antwortete der Polizist: „Nein, leider noch nicht.“

„Auch ich weiß es natürlich nicht“, sagte Kuhlmann, „aber ich könnte mir ein Motiv für die Übertötung vorstellen. Wissen Sie, ich interessiere mich für Sprachen. Ein Hobby von mir. Das Albanische, die Muttersprache des Mädchens, gehört zwar wie das Deutsche zur indogermanischen Sprachfamilie, unterscheidet sich aber sehr von diesem –“

„Entschuldigung“, unterbrach der Dorfsheriff leicht genervt, „Sie wollten mir doch ein Motiv für die Übertötung nennen!“

„Ja, nun warten Sie doch. Also, dieses Mädchen konnte wohl noch gar kein Deutsch, geschweige denn den örtlichen Dialekt. Meine Vermutung ist: Ein Mann sprach sie an und wollte Sex. Er glaubte, sie habe eingewilligt. Aber dann wehrte sie sich und schrie. Daraufhin drehte er völlig durch.“

„Und was hätte das mit der Sprache zu tun gehabt?“, fragte der Süddeutsche skeptisch.

„Nun“, sagte Kuhlmann, „das Mädchen wird ‚jo‘ gesagt haben, was der Täter als ‚ja‘ verstanden hat. Im Albanischen jedoch bedeutet po ‚ja‘ und jo ‚nein‘.“

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Onivido kurt am 07.09.2022:
Kommentar gern gelesen.
So kann man sich irren, wenn man nicht mit der Landessprache vertraut ist. Blutruenstige Geschichte. Gruesse///Onivido

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