Veröffentlicht: 02.05.2022. Rubrik: Unsortiert
Träume
Der Schnee war wunderschön. Wie all diese Flocken vom Wind getragen wurden, wie sie langsam der Erde zuflogen und wie einzigartig jede einzelne von ihnen war. Es war bezaubernd. Sie seufzte. Könnte sie jetzt doch nur da draußen sein. Es wäre so ein wunderbares Motiv! Stattdessen saß sie hier an ihrem Schreibtisch, in ihrem Büro. So gern wäre sie jetzt einfach aufgestanden, hätte sich ihre Schuhe und ihren Mantel angezogen, sich den Fotoapparat geschnappt und wäre hinaus gegangen. Dann hätte sie die Kamera in den Himmel gehalten und die Schneeflocken fotografiert, um diesen Moment für immer festzuhalten. Sie wäre nach Hause gefahren und hätte die Bilder ausgedruckt, um sie in ein Fotoalbum zu kleben. Aber das ging nun mal nicht. Denn sie war nicht da draußen und fotografierte den Schnee, nein, sie saß hier und sollte eigentlich arbeiten. Sie versuchte, ihren Blick vom Fenster loszureißen. Sie seufzte erneut. Dann schüttelte sie kurz den Kopf, um wieder einen klaren Gedanken fassen zu können.
Schon vor Jahren hatte sie sich das Fotografieren verboten, weil niemand an sie geglaubt hatte. Sie war keine dieser Kämpferinnen, die erst begannen, ihre Leidenschaften so richtig auszuleben, wenn niemand mehr an sie glaubte. Nicht einmal im Urlaub fotografierte sie. Es war ihr einfach zu riskant. Sie wollte mit allen Mitteln verhindern, dass sie wieder ihrem Jugendhobby verfiel.
Aus diesem Grund wandte sie den Blick nun doch zurück auf ihren Computer. Weitere 5 Arbeitsstunden warteten auf sie.