Veröffentlicht: 02.01.2022. Rubrik: Persönliches
Wände haben Ohren
Im Jahre 1970 verbrachten der Mann, mit dem ich noch heute verheiratet bin, und ich unseren ersten gemeinsamen Urlaub auf Mallorca. Im Nebenraum unseres Zimmers im Hotel wohnte ein junges Ehepaar mit einem Kleinkind. Aber auch Oma und Opa des Kindes waren in diesem Hotel untergebracht.
Jeden Morgen um 7 Uhr kam die Oma ins Zimmer des jungen Paares und kümmerte sich um das Kind, das Berndchen genannt wurde. Die Wände waren dünn, so wurden wir Tag für Tag von der schrillen Stimme der Oma geweckt, die immer wieder penetrant und laut fragend wissen wollte: „Wo ist denn das kleine Popochen, Berndchen?....Wo ist denn das kleine Popochen?“
Wir wollten gern länger schlafen, doch jeden Morgen ertönte die durchdringende Stimme der Oma: „Wo ist denn das kleine Popochen? Ei, wo ist es denn? Wo ist denn das kleine Popochen?“
Eines Morgens wurde es meinem Mann zu bunt. Er schmiss mit aller Kraft seinen Holzlatschen an die Wand und rief laut und deutlich: „Verdammt nochmal, irgendwo muss der Po doch zu finden sein!“
Totenstille nebenan. Die Familie hatte wohl nicht damit gerechnet, dass die dünnen Wände dieses Hotels Ohren hatten.
Die junge Mutter sprach uns später darauf an. Ihr kam es darauf an zu erklären, dass kleine Kinder eben öfter schreien. Wir antworteten, dass uns das Weinen des Kindes nicht störe, sondern das morgendliche Geschrei der Oma.
Die hat uns dann während der Restlaufzeit unseres Urlaubs nicht mehr angeguckt.