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1xhab ich gern gelesen
geschrieben 2021 von Bjarne Pfennig (BjarneP).
Veröffentlicht: 17.03.2021. Rubrik: Grusel und Horror


Das Badehaus

Das Wasser war weder zu warm, noch zu kalt. Er hatte es mit einem Duftwasser gemischt, und ein sachter Rosengeruch füllte das Zimmer. Auch die Musik war nicht zu laut; ruhig und sinnig.
Lucian lächelte. Es war perfekt, und es würde nie jemand etwas mitbekommen. Er richtete seine Fliege und trat an den Empfang.
Die Tür öffnete sich, und eine junge Frau trat an den Schalter.
Ihr Kopf war unproportional, ihre Schultern zu hoch, ihre Wangenknochen zu eingefallen und ihre Augen, ohne jeglichen Schimmer – ein idealer Kunde sozusagen.
»Einen guten Nachmittag«, flüsterte sie.
Lucian schwieg.
»Ja, ähm … Ich habe Gerüchte gehört, von den Dingen, den Geschäften, die Sie anbieten.«
Lucian schwieg und ließ seinen Blick wandern; die Frau schien wohlhabend zu sein. Sie trug ein rosarotes Kleid und eine Perlenkette um den Hals, mit welcher sie nervös herumspielte. Warum waren es immer solche Leute, die … er seufzte.
»Ich danke Ihnen, dass Sie mein Geschäft aufgesucht haben, Ma’am. Wie kann ich Ihnen genau weiterhelfen?«
»Ich habe von dir gehört. Deinen Geschäften. Was du den Menschen gibst.«
»Das hier ist ein Badehaus«, murmelte Lucian, ohne dabei undeutlich, oder gar unhöflich zu werden. »Wenn Sie möchten, können Sie gerne mein Etablissement in Anspruch nehmen.«
»Was? Was redest du da?«
»Ich sagte …«
»Ja, verdammt, ich weiß, was du gesagt hast! Aber ich will … ich will …«
»Ich weiß, was Sie wollen.« Lucian lächelte und stützte sich elegant auf dem Tresen ab »Aber wissen Sie auch, was ich dafür verlange?«
»Ich habe Gerüchte gehört …«
»Die meisten Gerüchte sind fern von der tatsächlichen Wahrheit. Ich kenne den Grund, wieso du hier bist, aber nicht, warum du ausgerechnet zu mir gekommen bist.«
»Du bist die einzige Möglichkeit, die mir bleibt!«, rief die Frau. »Wenn es von mir fordert, einen Handel mit dem Teufel einzugehen, um meine Karriere zu retten, verdammt, dann ist es mir das wert!«
Lucian schwieg für einen Augenblick, dann hob er seinen Kopf. Die Frau stand zitternd vor ihm, mit Tränen in ihren … nun ja, Augen. Er lächelte. »Ich bin nicht der Teufel, Ma’am, wo kämen wir denn hin, wenn dieser einfach frei herumlaufen dürfte. Ich bin niemand von Bedeutung, nur jemand, dem die Bedürfnisse seiner Kunden am Herzen liegen.«
»Ich … ich bin Eure Kundin. Helft mir und ich gebe Euch alles, was in meiner Macht steht!«
Lucians Lächeln wurde breiter. »Mary, Mary. Sie träumt davon, ein Sternchen zu sein, doch die Bühne hat sie nie geliebt. Ach, die Welt ist schwer für die kleine Mary, voller Hindernisse und Neider. Was wäre es nur für eine Sache, ja was für eine Möglichkeit, wenn es jemanden gäbe, der ihr helfen könnte, damit endlich jemand ihr grenzenloses Potenzial anerkennt?«
»Woher weißt du, wie ich … ja natürlich, ich bin dumm, ich sehe, was du bist. Natürlich. Es klang ja auch zu gut, um wahr zu sein, tja. Du bist nichts anderes, als ein Scharlatan. Jemand, der davon erregt wird, wenn er Frauen zum Weinen bringt. Mistkerl!«
»Solche Worte aus solch einem Mund. Es passt. Du bist ein Mensch mit einem Gesicht wie jedes andere. Keine Muse hat dich geküsst, kein Engelein hat für dich gesungen. Du bist einfach nur Mary. Aber weißt du was? Wir können das ändern. Dich zu einem neuen Menschen formen, frei von alledem, was dich hässlich macht!«
»I-Ist das wahr?«
Lucian schwieg und nickte.
Auf Marys Gesicht erstreckte sich ein breites Grinsen. »Sag mir, was muss ich tun?«
»Du hast viel Schlechtes zu deinen Mitmenschen getan. Aber es gibt Erlösung für jeden von uns. Das hier ist doch immerhin ein Badehaus, oder nicht? Wasche dich von deinen Sünden rein.«
»Und … was kostet es?«
»Das wird sich zeigen.« Lucians Lächeln verwandelte sich übergangslos in ein breites Grinsen. »Dort entlang, wenn ich bitten darf.« Er deutete auf eine alte Holztür.

Das Wasser war noch immer warm – rasch nahm sie darin Platz. Es waren eigenartige Zeiten. Doch jemand wie dieser Mann? Sein Anblick jagte ihr einen Schauer den Rücken herunter. Sobald sie hier fertig war, würde sie den Typen anzeigen. So jemand musste einfach Dreck am Stecken haben. Vielleicht, ja vielleicht war er ein Stalker – er wusste immerhin, wer sie war – auch wenn das sie eher weniger stören würde; die große Bühne erforderte solche Dinge. Das Wasser … Mary hob die Hand … irgendetwas war eigenartig … ihre Haut war schwammig, irgendwie dicker als zuvor, verschrumpelt. Wie lange war sie jetzt im Bad? Sie stand auf und warf sich ihre Kleider über. Jede Bewegung, die sie unternahm, zog in ihren Knochen.

Als sie in den Spiegel sah, da wusste sie, was der Mann gemeint hatte.

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Susi56 am 18.03.2021:

Sehr gern gelesenen, spannend und ein Schluss, wie ich ihn liebe. Hab nur etwas gelächelt bei dem Ausdruck "rosiges Kleid"... 😀 Ein Gesicht kann rosig sein, ein Kleid eher rosa. Normalerweise. 🙃

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