Veröffentlicht: 18.02.2021. Rubrik: Nachdenkliches
Die Straße des Lebens
Ich gehe mit schnellen Schritten eine Straße entlang, deren Ende ich nicht sehe.
Auf dieser Straße sind sehr viele Menschen unterwegs. Wie viele es sind, kann ich nicht sagen.
Die Menschen laufen alle in die gleiche Richtung. Die einen sind sehr in Eile, während andere langsam dahin schlendern. Sie sind in Gedanken vertieft und gehen aneinander vorbei , ohne den anderen Menschen neben sich wahr zu nehmen oder ihn anzulächeln. Denn jeder von ihnen hat eine wichtige Aufgabe, die sofort erledigt werden muss.
Auch ich lasse mich von dem Menschenstrom mitreißen. Auch ich bin eilig unterwegs, weil meine Aufgabe ebenfalls keinen Aufschub duldet und umgehend erledigt werden muss.
Während ich in Gedanken vertieft weiterlaufe, sehe ich plötzlich einen alten Mann, der auf einer Bank sitzt und sagt:“ Komm, setz dich zu mir und hör mich zu.“
Ich horche auf und stelle fest , dass der Mann mich sanft anlächelt.
Zuerst wollte ich einfach weiterlaufen, besinne mich jedoch und setze mich zu ihm auf die Bank.
Plötzlich fängt der Mann zu erzählen an. Er spricht über Liebe, Verständnis und Barmherzigkeit.
Ich höre Geschichten über Geduld, Hoffnung und Vertrauen. Der Mann redet mit einer warmen und freundlichen Stimme, die mir wie leise Musik in den Ohren klingt.
Auf einmal stelle ich fest, dass es ganz still ist auf der Straße und kein Mensch mehr unterwegs ist.
Es gibt nur noch den alten Mann und mich. Er redet und redet, ohne Pause, immer im gleichen warmherzigen Ton. Er redet von mir und meinem Leben, das in diesem Moment wie ein Film an mir vorbei zieht. Dabei erkenne ich, dass ich vieles in meinem Leben falsch gemacht habe. Das macht mich traurig und ich beginne zu weinen. Ich stütze meine Hände vor mein Gesicht und Tränen rinnen dabei auf die Straße. Als ich eine Zeit später die Hände von meinem Gesicht nehme, ist der Platz neben mir leer. Der alte Mann ist verschwunden.
Jetzt erkenne ich wieder die lange Straße, auf der die Menschen entlang hasten. Langsam erhebe ich mich von der Bank, um meinen Weg auf der Straße fortzusetzen, ohne Eile und Hektik, sondern mit Ruhe, Geduld und Hoffnung.
Die Stimme des Mannes klingt dabei noch immer in meinem Herzen.