Veröffentlicht: 10.02.2021. Rubrik: Menschliches
Das unfolgsame Kind
Es war Sommer und die 6jährige Lisa spielte vergnügt auf der Wiese im Garten ihres Elternhauses.
Dort hatte ihre Mutter einen kleinen Gemüsegarten angelegt, in dem Kartoffeln, Karotten , Erdbeeren und anderes Gemüse wuchsen. Damit alles prächtig gedeihen konnte, musste Lisas Mutter viel Arbeit und Zeit aufbringen. Wenn dann im Herbst Gemüse und Beeren geerntet werden konnten, erfüllte sie es mit großem Stolz.
Lisa war schon immer ein fleißiges Kind und wollte ihrer Mutter jeden Tag bei der Arbeit helfen. So auch an diesem Sommertag, als sie auf die Idee kam, die jungen zarten Karotten, die bereits hellgrüne Blätter heraus getrieben hatten, zu ernten.
Sie dachte, dass sich ihre Mutter ganz bestimmt darüber freuen wird. Gesagt – getan!
Vorsichtig begann sie an den grünen Blattstielen zu ziehen und – schwuppdiwupp – lag eine kleine, orangefarbene Karotte vor ihren Füßen. Sogleich griff sie nach der nächsten Karotte und entfernte auch diese ruckartig aus dem Boden. Sie konnte nicht mehr damit aufhören– eine nach der anderen wurde aus dem Beet gezogen und zu den anderen Karotten gelegt. Lisa begutachtete zufrieden ihre Arbeit und war ganz stolz auf den inzwischen schon erheblich gewachsenen Karottenberg. Sie arbeitete eifrig und vertieft weiter – eine nach der anderen Karotte fiel Lisas Ernteeifer zum Opfer, solange bis das ganze Beet leer geräumt war.
Dann erhob sie sich völlig erschöpft und rannte ins Haus, um ihrer Mutter voller Stolz von ihrem „Werk“ zu erzählen.
Blitzartig verfärbte sich das Gesicht der Mutter und sie erstarrte vor Schreck. Kopfschüttelnd lief sie in den Garten und schaute sich voller Ärger die große „Bescherung“ an. Sie holte tief Luft und schrie Lisa an, dass ihr Hören und Sehen verging: „ Was fällt dir ein, die ganzen Karotten herauszureißen? Das ist doch noch viel zu früh! Die müssen doch noch wachsen! Warum hast du das getan? Meine ganze Mühe und Arbeit ist jetzt umsonst gewesen! Du bist aber ein unfolgsames Kind, Lisa! Geh sofort in dein Zimmer!“
Erschrocken über die große Wut ihrer Mutter trottete sie eingeschüchtert und mit hängendem Kopf in ihr Zimmer, wo sie bis zum Abend alleine bleiben musste.
Mittlerweile sah sie langsam ein, dass sie einen Fehler begangen hatte, für den sie nun bestraft wurde – obwohl sie ihrer Mutter ja nur einen kleinen Gefallen tun wollte.
Sie warf sich auf ihr Bett, fing laut schluchzend zu weinen an und fragte sich: warum kann ich meiner Mutter niemals etwas recht machen?