Veröffentlicht: 20.12.2020. Rubrik: Kinder und Jugend
Geteilt ist mehr gewonnen
Mein Name ist Timo. Gerade erst frisch eingeschult gehe ich Tag für Tag lustig fröhlich in die 1. Klasse.
Heute probierte unsere Lehrerin Frau Grün mit uns ein tolles Spiel aus. Wir sollten es schaffen, solange wie möglich kein einziges Geräusch zu machen. Wer dies am längsten schafft, erhielt eine Tafel Schokolade.
Damit es nicht langweilig wird durften wir dabei etwas malen und mit den Händen kommunizieren.
Wir waren 20 SchülerInnen in der Klasse und alle strengten sich an zu gewinnen. Nach zwei Minuten war noch jede/r drin. Wir konzentrierten uns auf das Malen, leihten uns gegenseitig Stifte aus, in dem auf dass zeigten was wir wollten.
Unsere Lehrerin machte ein zufriedenes Gesicht, war wohl begeistert wie lange wir ruhig sein können.
Wenig später fiel es den Ersten aber schon schwer die völlige Ruhe auszuhalten. Zweie begannen zu reden, jemand anders die gemalten Bilder zu kommentieren. Und schon musste Frau Grün die ersten Namen auf ihrer Liste durchstreichen.
Auf die Ersten folgten die Nächsten. Und auch Petzen wurde bestraft, zumindest wenn es mündlich geschah.
Max vergas wohl kurz die Regeln und frug mündlich nach einem Blatt Papier. Leonie zeigte auf ihn uns sagte: „Max hat etwas gesagt.“. Und damit war dann nicht nur Max raus, sondern auch Leonie, da sie somit selbst geredet hat.
Aber insgesamt war das Gewinnen auch nicht alles. Es ging viel mehr um die Herausforderung solange wie möglich ohne Worte auszukommen. Und auch die die bereits raus waren, machten weiter mit und probierten sich an dem Spiel. Es war mal etwas anderes als stumpfer Unterricht.
So stand auch nach 15 Minuten immer noch nicht fest wer die leckere süße Tafel Schokolade gewinnt. Insgesamt waren mit Christoph, Elisa, Jörg, Sophie und mir noch 5 TeilnehmerInnen im Rennen.
Nun waren wir soweit gekommen, jetzt konzentrierten wir uns erst recht darauf ruhig zu sein. Niemand wollte einen Fehler machen und als Nächstes rausfliegen.
Fünf Minuten später kicherte Elisa über ihr eigenes Bild. Dann ärgerte sie sich selbst – denn damit war sie raus. Christoph wurde kurz darauf von seinem Freund Marcel -der bereits raus war- zum reden angeregt.
Jetzt waren es nur noch dreie die um die Schokolade ringten. Einige der bereits ausgeschiedenen sprachen über Fußball.
Der sehr fußballbegeisterte Jörg konnte sich nicht davon abhalten mitzureden.
Und damit waren nur noch Sophie und ich drin. Wir schauten uns in die Augen, lächelten uns an, doch gewinnen wollten wir beide.
So hielten wir noch einige Minuten durch. Jetzt lief das Spiel schon 25 Minuten. Frau Grün ging zwischendurch die Tischreihen entlang, schaute sich die schönen Bilder an die wir gemalt hatten. Dann stand sie vor dem Tisch von Sophie. In diesem Moment nahm Sophie ihren Stift in die Hand und knutschte ihn ab - aus welchem Grund auch immer. Vielleicht wollte sie einfach testen ob Frau Grün dies hörte.
Aufjedenfall blieb Frau Grün hart, sagte: „Das war ein Geräusch.“ und kürte mich als Sieger.
Sophie war geschockt und sagte: „Aber dass war doch nur ganz leise.“ Frau Grün daraufhin: „Es tut mir leid, aber so waren die Regeln die wir vereinbart haben.“
Doch Sophie konnte es immer noch nicht fassen, fing an zu weinen, meinte: „Ich gewinne doch nie was.“
Ich freute mich einerseits über meinen Sieg und die Schokolade. Aber gleichzeitig tat mir Sophie echt leid. Sie hat doch wie ich alles gegeben und es lange durchgehalten. Auch mir hätte es passieren können, dass ich unglücklich ein Geräusch von mir gebe.
Also nahm ich die Schokolade, brach sie in der Mitte durch und bat Sophie die Hälfte der Tafel an.
Von einer Sekunde auf die andere verwandelte sich ihr trauriges Gesicht in ein lächelndes. Sie sagte: „Dankeschön, Timo. Dass ist verdammt nett von dir.“
Frau Grün lobte es ebenfalls dass wir geteilt haben. Sie meinte abschließend, dass sie es richtig klasse findet wie jede/r alles gegeben hat und auch die die nichts gewonnen haben stolz auf sich sein können. Es geht nicht ums gewinnen, sondern um die Erfahrung und den Spaß am Spiel.
Sophie und ich wurden gute Freunde. Sie tat mir kurze Zeit später als Dankeschön ein Eis aus und wir machten viel miteinander. So nahm ich aus dem Spiel mit, dass man manchmal mehr gewinnt wenn man miteinander teilt und sich so gegenseitig stärkt.