Veröffentlicht: 28.08.2022. Rubrik: Menschliches
Kapitel 1: Zwei alte Männer
Hannelore Klein war 84 Jahre alt und gesundheitlich stark angeschlagen. Starke Kreuzschmerzen plagten sie dauerhaft, so dass sie nachts kaum schlafen konnte. Umso müder war sie tagsüber. Das führte dazu, dass sie sich regelmäßig nach dem Mittagessen zum Schlafen ins Bett legte, dann aber Mühe hatte, wieder aufzustehen. Wilhelm, mit dem sie seit mehr als 60 Jahren verheiratet war, musste sie fast immer zur Abendbrotzeit wecken, damit sie ihm etwas zu essen machte...
Ihr Mittagsschlaf verstärkte selbstverständlich ihre Einschlafstörungen in der Nacht.
So versuchte sie, diesen mit der Einnahme von Schlaftabletten entgegenzuwirken.
Dann schlief sie spät nachts irgendwann ein und wachte morgens wie gerädert auf.
Gegen die Kreuzschmerzen nahm sie weitere Medikamente ein. Diese wurden vom Hausarzt, vom Orthopäden und vom Schmerztherapeuten verschrieben, offenbar, ohne dass einer von den Rezepten des anderen wusste. Und so hatte Hannelore immer genügend „Stoff“ zur Verfügung, trotzdem klagte sie über andauernde Schmerzen.
Hannelore ging nie ohne Rollator aus dem Haus, der ihr einen gewissen Halt beim Laufen gab. Außerdem konnte sie im Korb des Rollators ihre Einkäufe verstauen. Sie nutzte den Rollator auch dann, wenn sie nur über den Hof zum Abfallcontainer ging.
Eines Tages brachte sie mit Hilfe ihres Rollators wieder Abfall zum Container. Es kostete sie Mühe, den schweren Deckel mit einer Hand hochzuhalten, um den Müllbeutel mit der anderen Hand hineinzuwerfen. In dem Augenblick, als sie den Rollator losließ, rollte dieser weg und Hannelore , die ihn noch greifen wollte, schaffte es nicht und fiel auf den Boden.
Sie rief nach ihrem Mann, der sie nicht hörte, weil er gemütlich im Fernsehsessel einen Kriminalfilm verfolgte. Endlich kam eine Nachbarin und half ihr. Mehr schlecht als recht schafften es beide zurück zur Wohnung. Hannelores Schmerzen waren unerträglich geworden.
Sie riefen den Hausarzt an, der eine Einweisung ins Krankenhaus veranlasste. Dort stellte man fest, dass ein Beckenknochen angebrochen war. Man könne nichts tun, das müsse von allein wieder zusammenwachsen.
Hannelore war jetzt ganz auf fremde Hilfe angewiesen. Sie kam in ein Pflegeheim ganz in der Nähe ihrer Wohnung. Wilhelm besuchte sie jeden Tag. Er vermisste sie sehr, denn trotz ihrer Pflegestufe 1 hatte sie für ihn gesorgt. Er war es nicht gewohnt, selbst sein Essen zuzubereiten. Er wusste auch nicht, wie er die Waschmaschine bedienen sollte.
Fortsetzung folgt