Veröffentlicht: 01.03.2020. Rubrik: Nachdenkliches
Schönes Land
Kuamo lief den staubigen Weg aus dem Dorf Richtung asphaltierte Straße. Der ockerfarbene Staub hatte sich bereits auf seine dunkle ausgeblichene Stoffhose gesetzt. Ein Stück Strick hielt die zu große Hose auf den schmalen Hüften des dunkelhäutigen Teenagers. Die roten zerschlissenen Turnschuhe hatte er vor langer Zeit aus der Rot-Kreuz-Station bekommen. Damals waren sie schon alt. Einzig das T-Shirt war von seiner Familie neu erworben worden. Allerdings war Kuamo als Viertgeborener eben der Vierte der es trug. Und bestimmt würde er es an seine zwei jüngeren Geschwister weitergeben.
Kuamo schlenderte weiter den Weg entlang, vorüber an den jungen, grünen Pflanzen und Palmen. Er sollte seinen älteren Bruder an der Straße ablösen, der die wenigen Früchte die die Familie entbehren konnte, an die Besitzer der Fahrzeuge an der Straße zu verkaufen. Sie waren reich, sie mussten reich sein. Könnten sie sich sonst ein Auto leisten? Er hob einen Stock auf und schlug dann und wann auf irgendwelche Pflanzen ein, um den eintönigen Marsch zu verkürzen. Als er sich der Straße näherte, hörte er Geschrei. Kuamo ließ den Stock fallen und verbarg sich hinter den mächtigen Stamm eines Flaschenbaumes. Ganz leise, kaum das er zu atmen wagte, schaute er zwischen den Pflanzen und den blühenden Büschen hindurch zu der Straße, wo sein Bruder seien sollte. Fünf Jungen und Mädchen in Armeeanzügen und Waffen in den Händen schrien seinen Bruder an. Ab und zu schlugen sie ihn mit den Gewehrkolben. Sein Bruder schwieg. Er weinte nicht einmal. Obwohl es sehr wehtun musste. Kuamo hielt den Atem an. Sein Bruder musste aufstehen und den Kindern der Rebellenarmee in das Unterholz folgen.
Kuamo weinte für seinen Bruder.