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13xhab ich gern gelesen
geschrieben 2023 von Andreas Mettler (Metti).
Veröffentlicht: 22.08.2023. Rubrik: Abenteuerliches


Typisch Heldenreise

Typisch Heldenreise

„Eines Tages wird Edel-Gret meine Frau, das sag ich dir, mein lieber Kro´ian.“
„Ach was, du spinnst nur wieder rum. Die Tochter des Aufsehers weiß doch nicht einmal, dass es dich gibt. Für sie bist du nur ein namenloser Krummbeerenpflücker auf den Feldern.“
„Ich werde ihr einen Liebesbrief schicken.“
„Du kannst doch gar nicht schreiben.“
„Dann werde ich es eben lernen!“

Der Anschlag dauerte kaum eine halbe Stunde. Eine stinkende Wolke, die sich auf die Krummbeeren-Felder herabsenkte. Blitze vom Himmel, die den Palast des Aufsehers in Schutt und Asche verwandelten. Ein fliegendes Schiff. Die verzweifelten Rufe von Edel-Gret.
Ein zersplitterter Holzbalken steckte im Brustkorb des Aufsehers.
„Diese verdammte Zollunion“, flüsterte er mit schwacher Stimme. „Sie haben alles verwüstet!“
„Lass mich dir helfen“, rief ich.
„Ich danke dir. Doch für diese Wunde gibt es keine Heilung mehr. Aber ziehe los und finde meine Tochter. Sie haben Edel-Gret mitgenommen.“
“Jetzt hält mich nichts mehr hier!“, antwortete ich.

Die Falle war zu offensichtlich: Eine tiefe Spalte, die sich quer über den gelben Pfad legte, verdeckt mit den dichten grünen Ästen eines Eierbaums.
‚Kein Problem‘, dachte ich mir. ‚Dann verlasse ich kurz den Weg und gehe ein paar Schritte durch den Wald. ‘
Nur ein paar Sekunden später und mir wurde Boden von den Füßen weggezogen. Ich hing in zwei Meter Höhe kopfüber in einem geflochtenen Korb am Ast eines Baumes.
„Du mein Gefangener!“ Ein aufgeblasener Gummiball mit lachendem Gesicht tanzte vor mir auf und ab. „Ich dich jetzt verspeisen! Lecker Mittagessen!“

Schnell hatte ich mich mit meinem Messer aus dem Korb befreit. „Geh mir aus dem Weg, du Nichtsnutz. Oder ich lasse die Luft aus deinem Gummikörper.“
„Du mir nichts tun. Du mich brauchen. Ich Fippie. Lustiger Sidekick. Alle Kinder mich lieben. Ich dich begleiten.“
„Na gut, dann komm mit.“
„Huch, ich schon wieder in Pfütze getreten. Plitsch, platsch. Lustig.“

Eine Stinkwurz-Zigarre im Mundwinkel. Eine Narbe von der Stirn bis zum Kinn. Ein alter Schlapphut.
„Da wollt ihr wirklich rein?“ Der Mann zeigte mit einer lässigen Kopfbewegung auf das Lager der Zollunion.“
„Müssen das tun!“ Fippie rollte nervös im Kreis und blieb im Gestrüpp eines Kitzelbusches hängen. „Müssen Madame die Gret-Edel retten.“
„Pah!“, machte der Mann. „Das wird euch das Leben kosten.“
„Hey“, meinte ich. „Wir könnten etwas Verstärkung brauchen. Wie wäre es, wenn wir uns zusammentun?“
„Ha, ein Bauernjunge und ein Gummiball. Nicht gerade die Begleitung, auf die ich gewartet habe.“
„In dem Lager befindet sich die Krummbeeren-Ernte von einem ganzen Jahr.“
„Na, gut“, stöhnte der Mann. „Dir das Mädchen und mir die Ernte. Ich bin Lo´Hon, der liebenswerte Schurke. Ich stehe an deiner Seite. Solange, bis ich es mir anders überlege.“

Die Schlacht um das Lager der Zollunion war keine. Die Wächter richteten ihre Dröhnposaunen auf die kleine Heldengruppe und als ich wieder meine Augen öffnen konnte, taumelte ich mit Fippie durch ein trockenes Ödland. Mein lustiger Sidekick hatte viel Luft verloren. Der Schurke war nicht mehr zu sehen.

„Schau, Fippie da vorne. Eine Hütte. Vielleicht können wir hier unsere Wunden versorgen.“
Vorsichtig öffnete ich die knarrende Tür.
Ein alter Mann mit einem langen weißen Bart lag im Bett.
„Sei gegrüßt, mein junger Freund. Ich bin Yoga-Ben Ganrolf. Der sterbende weise Mentor. Du schaust aber betrübt aus der Wäsche.“
„Ach wisst ihr“, stöhnte ich. „Die Frau meiner Träume wurde von der Zollunion entführt, aber ich bin viel zu schwach um sie zu retten. Ich habe nur diesen lustigen Gummiball an meiner Seite und selbst der erfahrene Schurke hat mich verlassen. Ich kann es einfach nicht schaffen.“
„Ich glaube, ich habe etwas für dich, was dir helfen kann, mein junger Freund. Schau mal in diese Kiste dort.“
Eine rosafarbene Axt.
„Das ist Sik´Rana. Eine Zauberaxt. Sie macht dich gänzlich unbesiegbar. Damit kannst du die Dämonen der Zollunion besiegen.“
„Oh, ich danke euch so sehr!“, sagte ich. Doch der weise Mentor konnte meine Worte nicht mehr hören. Seine Seele tanzte in Gestalt einer braunen Wolke aus der geöffneten Tür und stieg gen Himmel.

Mit der Zauberaxt in den Händen konnte mich nichts mehr aufhalten. Ich kämpfte mich an den Wachen vorbei, bezwang die Grube mit den Rank’lak Monstern und schlug der mächtigen Hexe Trilhine die Tentakel ab. Doch dann traf ich auf ihn.
„Ich bin Lord Trahalgan. Meister der Zollunion. Dein Endgegner.“
„Ich bin unbesiegbar!“ Stolz umklammerte ich Sik-Rana, meine Axt. „Gib sofort Edel-Gret frei und ich verschone dein Leben.“
„Harharhar, deine Zauberaxt ist hat keine Wirkung auf mich!“, er schnippte zweimal mit dem linken Finger und die Axt zerfiel zu Staub.
„Und du einfältiger junger Narr wirst jetzt sterben. Und das junge Mädchen wird meine Frau.“
Auf einmal stürzte Lo´Hon vom Kronleuchter direkt auf den Meister der Zollunion herab, strangulierte diesen mit seiner Peitsche und zwinkerte mir zu. „Hast wohl gedacht, ich lasse dich mit der ganzen Krummbeeren-Ernte hier alleine davonziehen, Junior?“

Plötzlich sah ich den braun-leuchtenden Astralkörper von Yoga-Ben Ganrolf vor mir. „Eins noch, bevor ich endgültig in das 11-dimensionale Universum übertrete: Die Axt, die du in den Händen hältst. Sie hat keinerlei magische Fähigkeiten. Du hast das alles ganz alleine geschafft.“
„Donnerwetter!“, murmelte ich.

Doch dann kam sie plötzlich wie ein Wirbelwind über uns: Edel-Gret trieb uns mit der bloßen Kraft ihrer Hände, den Kampfkünsten der Toz`Ham Mönche und der Killer-Kängurus aus dem Wurzelgebirge von Hosh Selerum in die Ecke. Mit zwei Fingern drückte sie Lo´Hon die Atemwege am Hals ab und brachte gleichzeitig mit ihrem Ellenbogen den guten Fippie zum Platzen.

„Warum tust Du das?“ fragte ich verwirrt als sie mich mit ihrer Faust um meinem Hals zwei Meter in die Höhe hob.
„Weil ich es kann!“, lachte sie. „Ich bin gar nicht Edel-Gret. Ich bin Sue-Mary. Die starke Frau aus dem 21. Jahrhundert. Die alles kann und alles weiß. Und jeden besiegt. Einfach so, weil es in der Geschichte steht. Ich brauche keinen Helden, der mich rettet. Und jetzt zeige ich dir, wo der Hammer hängt!“


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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Stephan Heider am 22.08.2023:
Kommentar gern gelesen.
Sehr fantasievoll mit gelungenen Anleihen. Das Ende hat's in sich. Diese Gamer. Super gerne gelesen.




geschrieben von Metti am 22.08.2023:

Ich wollte eigentlich nur eine Beschreibung für die neue Abenteuer Rubrik erstellen. Alles weitere ist dann einfach so passiert. 😅




geschrieben von Relle am 23.08.2023:
Kommentar gern gelesen.
Star Wars lässt grüßen!




geschrieben von Metti am 23.08.2023:

Vielleicht die perfekte Heldenreise. Zumindest der erste Film.




geschrieben von Christelle am 27.08.2023:
Kommentar gern gelesen.
Wirklich sehr fantasievoll. Trotzdem bin ich bisher beim Versuch, die Geschichte zu lesen, nicht über die ersten Sätze hinausgekommen.

Doch heute hat es mich gepackt. Ich fand sie sehr spannend, aber auch mit Fippie, dem Gummiball, sehr lustig.




geschrieben von Metti am 27.08.2023:

Jeder gute Held braucht einen lustigen Sidekick an seiner Seite. Nicht jeder Leser oder Zuschauer findet so einen Sidekick wirklich lustig.




geschrieben von HanaLores am 10.11.2024:
Kommentar gern gelesen.
Der Gummiball erinnert mich an das nichtsnutzige Hüpfgemüse im Film Dark Star ( https://www.youtube.com/watch?v=WYWpQPU1Wfw ).. hihi.. Klasse Geschichte!
Liebe Grüße
Hana




geschrieben von Metti am 11.11.2024:

Bewusst oder unbewusst? Ich weiß es nicht mehr. Aber der "Exot" aus "Dark Star" war bestimmt eine Inspiration.

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