Veröffentlicht: 09.05.2023. Rubrik: Unsortiert
Fernweh
Die Zeit vor dieser Reise, nein kurz vor dem Abflug war extrem aufregend. Wenn man das mit einer Achterbahn vergleichen will, dann würde ich sagen, dass die größte Achterbahn der Welt noch viel zu klein ist. Aber was ist jetzt? Gedanklich immer noch da, aber eben räumlich weit weg...
Tag 1
Athen am Abend. Es ist erst halb acht aber es ist bereits stockfinster. Die Grillen zirpen, ein warmer Wind weht mir um die Nase und bringt unzählige verschiedene Düfte mit sich. Bekannte Gerüche, wie Thymian, Rosmarin und Lavendel, aber auch den Geruch des Flughafens mit all seinen Abgasen der Flugzeuge und allem, was eine große Stadt so mit sich bringt. Es ist ein Geruch, den ich schon seit meiner frühesten Kindheit kenne und der ein Wohlbefinden auslöst. Ein Geruch, den ich in der Lethargie des Alltags der letzten 15 Jahre nicht mehr wahrgenommen habe oder einfach nicht mehr wahrnehmen konnte.
Doch etwas fehlt! Dieses Kribbeln der letzten Wochen und Monate ist anders geworden. Es hat sich in eine Art Sehnsucht gewandelt. Die Sehnsucht jeden Moment, jedes Gefühl und jeden Geruch zu teilen.
Den Sonnenschein... Klar ist er im Dunkeln nicht da und doch fehlt er mehr denn je.
Und da kommt plötzlich eine Nachricht! Genau im richtigen Moment schenkst du mir dieses kleine Sekundenglück. Wir schreiben nicht viel. Dass müssen wir auch gar nicht... wir wissen umeinander und dazu braucht es oft nicht vieler Worte.
Zurück im normalen Stress einer Flugreise stehe ich nun am Schalter einer Autovermietung und bemerke, dass ich gerade erst wach werde und mich konzentrieren muss. Die Kinder sind natürlich sehr aufgeregt und verlangen ihre Aufmerksamkeit. Der Mann am Schalter auch. Ich bekomme einen Schlüssel und darf selbst nach Schäden gucken. Doch die Emotionen lenken mich wieder ab.
Die Vorstellung das alles zu zweit zu erleben ist zu schön und hält mich davon ab, das normale Treiben wahrzunehmen.
Ja, es ist alles bunt, warm und gut riechend um mich herum und ist mehr als man erwarten darf, um glücklich zu sein.
Die Fahrt ins nahegelegene Hotel verläuft ruhig, fast zu ruhig. Aber der Verkehr in Athen verlangt meine ungeteilte Aufmerksamkeit.
Das Hotel direkt am Meer, in der Nähe des kleinen Hafenstädtchens Rafina, zwingt meinen Realismus sofort wieder in die Knie. Ein von rosafarben blühenden Ranken bewachsener Hoteleingang, geschmückt von einer Natursteinwand, in dessen Mitte ein wunderschöner Olivenbaum von zwei Strahlern gekonnt in Szene gesetzt wird. Romantik pur! Im Hintergrund taucht ein tiefblauer Pool die Hausfassade in eben diese Farbe. Hier verbotenerweise eine nächtliche Runde schwimmen und anschließend Arm in Arm in den berühmten, auch heute wieder geradezu aufdringlich klaren Sternenhimmel gucken.
Aber da war sie wieder, die Realität. Alle haben Hunger und wollen dringend an den ca. 10 Autominuten entfernten Hafen, um dort in einer dieser kleinen und sehr authentischen Tavernen zu Abend essen.
Der Gastgeber erkennt uns sofort wieder, obwohl wir vor 3 Jahren das letzte Mal dort waren. Alle Restaurants sind voll. Nur diese kleine Taverne namens Galini mit seinen typisch griechischen Stühlen ist komplett leer. Im Innern das klare und kalte Licht von Neonröhren und krächzende griechische Musik, draußen Hafenflair. Wieder mit vielen Düften, Lichtern, die sich auf dem Wasser spiegeln und eine gerade einlaufende Fähre. Das tiefe Brummen der Motoren untermalt die gesamte Szenerie. Es ist ein buntes Treiben, ein Gemisch aus laut, stressig und unruhig, aber auch total romantisch und fesselnd. Die Einen kommen, die Anderen gehen. Menschen begrüßen sich, fallen sich in die Arme und freuen sich über das Wiedersehen. Wahrscheinlich hat für jeden Passagier der Weg eine besondere Bedeutung. Es ist diese unbeschreibliche Hafenstimmung, die mich immer wieder fesselt - ganz egal wo auf dieser Welt.
Das Essen kommt! Ich war schon wieder ganz weit weg.
Die Köchin hat doch tatsächlich die Küche unseretwegen nochmal an gemacht und uns a la carte bestellen lassen. Krass!
Im nu ist der Tisch reich gedeckt mit so vielen Leckereien. Dinge, die man zu Hause eigentlich gar nicht isst. Nicht weil man sie nicht mag, vielmehr weil sie nur hier so unglaublich lecker sind. Tomaten, Gurken, Zwiebeln und Paprika. Diesen echten Geschmack kennen wir gar nicht mehr und man genießt ihn hier umso mehr. Ich stelle mir einen einfachen Tisch an der Kaimauer vor. Gedeckt für zwei mit einer Kerze, einem Salat, Brot und etwas Weißwein...
Der Abend endet mit so vielen Eindrücken und echter Müdigkeit. Der Tag begann um 6:00 Uhr. Jetzt ist es schon 0:30 Uhr.
Mit großer Vorfreude auf den morgigen Flug mit der kleinen Propellermaschine auf meine Trauminsel lege ich mich ins Bett und schlafe sofort ein.