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4xhab ich gern gelesen
geschrieben 2024 von Jens (Jens Richter).
Veröffentlicht: 26.03.2024. Rubrik: Unsortiert


Eddy muss an die Luft

Es war dieser Brief, der Eddy Krawzyk auf die Palme brachte.
Frau von Tannenheim hatte ihm rührende Zeilen geschrieben.
Sie würde ihn noch immer lieben und sie bereute es sehr, dass sie Eddy ins Gefängnis gebracht hatte.
Er möge ihr doch verzeihen.
Blablabla...
"Diese verfi**te Schlampe", tobte er, "jetzt stellt sie plötzlich fest, dass ich ihr fehle."
Er trat voller Zorn gegen den Stuhl, der scheppernd gegen die Zellenwand krachte.
Er musste schleunigst raus hier.
Die Enge im Knast schnürte ihm die die Kehle zu.
Tag ein, Tag aus sann er über einen Ausbruchsplan nach.
Das ging bereits ein halbes Jahr so.
Für besonders schweren Einbruchdiebstahl standen regulär fünf Jahre Zuchthaus.
Da aber kein Mensch zu Schaden gekommen war, er sich bei der POLIZEI reuig gezeigt hatte und gleich nach der Festnahme ein vollumfängliches Geständnis abgelegt hatte, kam er mit drei Jahren glimpflich davon.
Jetzt hoffte er auf eine gute Sozialprognose und das bedeutete, dass man ihn schon nach zwei Jahren entlässt.
Aber bis dahin waren noch 18 Monate einzusitzen.
Wenn ihm nichts einfällt, würde er seine heimliche Zweitwohnung in Salzburg verlieren.
Er musste handeln.
Aber wie?
Ihm waren im wahrsten Sinne des Wortes die Hände gebunden.
#
Manchmal kommt einem im Moment der größten Bedrängnis der Zufall zu Hilfe.
Eddy war ein begnadeter Mechaniker mit wahrlich goldenen Händen.
In nur vier Monaten hatte er die Gefängnistischlerei auf Vordermann gebracht, dabei die Maschinen gewartet, bei Bedarf repariert und neu eingerichtet.
Das blieb dem Gefängnisdirektor Dr. Militzer natürlich nicht lange verborgen.
Der hatte sich nämlich eine Immobilie ersteigert und beabsichtigte das Haus pö a pö zu sanieren.
Weil er neben seiner Arbeit ein leidenschaftlicher Münzensammler war, dachte er über den Kauf einer kombinierten Sicherheits- und Einbruchmeldeanlage nach.
Dr. Militzer lud Eddy in sein Büro ein, um sich von ihm beraten zu lassen.
'Das ist die Chance, auf die du gewartet hast', dachte Eddy.
"Dr. Militzer, klar arbeite ich für sie. Ich werde von ihnen den Umständen entsprechend gut behandelt, aber was ich am meisten vermisse, ist frische Luft."
Dr. Militzer musste amüsiert in sich hinein schmunzeln.
Das der Knacki gleich zugestimmt hatte, war für ihn wie ein Lottogewinn.
Er würde das gesamte Geld einsparen, welches eine Fachfirma für die Arbeitsleistung verlangt hätte.
Und nur dafür, dass der Knacki an die frische Luft wollte.
Für das so eingesparte Geld würde er eine Reise zu den Malediven buchen, anlässlich der anstehenden Silberhochzeit mit seiner Frau.
"Ich benötige vorerst alle Bau- und Grundrisspläne ihres Hauses.", gab sich Eddy solide. "Nach dem Studium der Unterlagen erhalten sie von mir eine Materialliste, für alles, was ich für die fachgerechte Installation benötige. Wenn es ihnen nichts ausmacht, kaufen wir das Material bei einem Fachgroßhandel in München ein. Da bin ich Kunde und bekomme ganz gute Rabatte."
"Abgemacht", freute sich der Direktor und reichte Eddy die Hand.
#
Wie besprochen ließ Dr. Militzer Eddy sämtliche Unterlagen zukommen.
Eddy machte sich sogleich ans Werk.
#
Einen Monat später waren die Umbaumaßnahmen in vollem Gange.
Eddy hatte ein ausgeklügeltes Sicherheitskonzept erarbeitet, das dem einer staatlichen Kunstsammlung im Kleinen glich, mit:
-Außenkameras an jeder Fassade,
-einer Code-gesicherten Haustür mit Mehrfachverrieglung,
-vergitterten Kellerfenstern,
-Vandalismus-sicheren Jalousien,
-einer Gegensprechanlage mit Farbdisplay,
-Glasbruch-/ Vibrationsmelder an Fenster und Türen
und alles ist mittels Mobiltelefon abruf- sowie steuerbar.
Kein Einbrecher würde jemals in das Haus eindringen können.
Aber falls doch, würde er nicht wieder herauskommen.
#
Eddy legte sich ins Zeug, arbeitete von früh morgens bis zur abendlichen Dämmerung.
Die Verpflegung, die Dr. Militzer auf der Baustelle auftafelte war fürstlich.
Das war ein Dankeschön an den emsigen Handwerker.
Trotzdem dachte der Direktor im Stillen, 'Dieser Idiot macht das alles nur, um an die Luft zu kommen!'
#
Es kam der Tag der Inbetriebnahme.
Eddy hatte den Direktor für um 10 Uhr eingeladen.
Keiner außer den Beiden war auf der Baustelle.
Noch in der Nacht hatte Eddy die gesamten Mobiltelefone der Familie des Direktors programmiert.
Ein Telefon fungierte als Master.
Beide Männer spielten sämtliche Funktionen vor Ort durch.
Zum Schluss musste sich der Diektor ins Haus begeben und von Innen sichern.
Eddy blieb mit dem Mastertelefon draußen.
Nachdem auf dem Display seines Mobiltelefon die Nachricht reinkam, dass das Objekt verriegelt war, blockierte er die gesamte Schließanlage nebst der restlichen Telefone von außerhalb.
Der Direktor saß im Inneren seines Hauses fest und erhielt eine SMS.

Sehr geehrter Dr. Militzer,
ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen, dass Sie mich mit der Installation der Sicherheitstechnik Ihres Hauses beauftragt haben.
Ab hier müssen sich unsere Wege trennen.
Sie wissen ja, dass ich Luft zum Atmen brauche.
In drei Stunden wird das Programm Ihr Haus entsperren und Sie können es unbeschadet verlassen.
Bis dahin bitte ich Sie um ein wenig Geduld.
Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit.
In dem Sinne leben Sie wohl.
Hochachtungsvoll, Ihr Eddy Krawzyk.
#
Eddy stieg in den BMW des Direktors und fuhr zum Haltepunkt der Deutschen Bahn in seinem Heimatkaff.
Dort holte er eine deponierte Tasche aus einem codierten Schließfach, mit der er sich zu Fuß aus dem Staub machte.
Er ward nicht mehr gesehen.
#
Lediglich der Herr Bankier von Tannenheim wunderte sich, dass seine Frau neuerdings öfters ihre alte Schulfreundin in Salzburg besuchte.
Doch wenn der Bankier nach getaner Arbeit zu Hause ankam, fragte er meist, "Wie war dein Tag, Liebling?"
Sie antwortete dann, "Es war aufregend."
"Schön! Aber bitte keine Details jetzt. Ich brauche ein paar Augenblicke Ruhe. Wir reden später beim Abendessen."

(C) Jens Richter im März 2024

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von HanaLores am 26.03.2024:
Kommentar gern gelesen.
Naja, ob es wohl so dumme Knastdirektoren gibt? Sehr lustig.. Liebe Grüße, Hana




geschrieben von ehemaliges Mitglied am 26.03.2024:
Kommentar gern gelesen.
Gern gelesen die spannende Geschichte. Schon heftig, was es mittlerweile für Sicherheitsvorkehrungen an Häusern gibt.




geschrieben von Jens Richter am 26.03.2024:

Hallo Hana,
mir ging es bei meiner Geschichte gar nicht so sehr um die Naivität des Direktors, sondern um eine weitere Facette der menschlichen Gier.
Und diese Gier hat den Direktor unvorsichtig werden lassen.
Vielen Dank für Deinen Kommentar.
Viele Grüße von Jens




geschrieben von Jens Richter am 26.03.2024:

Hallo Passionsfrucht87,
vielen Dank für Deinen Kommentar.
Mit Deiner Meinung hast Du auch völlig Recht.
Allerdings gibt es auch Sicherheitsmaßnahmen, die Leib und Leben schützen wie Kohlenmonoxid- und Rauchmelder.
Und die möchte ich persönlich auch nicht mehr missen.
Viele Grüße von Jens


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