Kurzgeschichten-Stories
Autor
Schreib, wie du willst!
Startseite - Registrieren - Login - Kontakt - Impressum
Menu anzeigenMenu anzeigen
2xhab ich gern gelesen
geschrieben 2025 von Hubert Staller.
Veröffentlicht: 18.04.2025. Rubrik: Unsortiert


Meine Langeweile und ich

Meine Tage sind alle gleich. Wie endloser Kaugummi ziehen sie sich in die Länge. In meiner Wohnung gibt es genügend Gegenstände, die beweisen, dass es mir nicht langweilig sein sollte. Allein die Bücher, die Grafiken und die kleinen Ölgemälde aus dem Nachlass meiner Großeltern sind ein Beleg dafür. Doch die Realität ist eine andere. Ich habe den Kampf gegen die Langeweile verloren. „Ich hasse diese Langeweile!“, knurre ich in mich. Doch wer soll mir antworten? Die Wände schweigen. Ich nehme mir einen Keks und kaue ihn genüsslich. Diese Kekse sind etwas Wunderbares, denke ich, und ich zappe mich mit der Fernbedienung durch die Programme. Nach fünf Minuten habe ich alles gesehen: Kochshows präsentieren mir Rezepte, die ich so nie zubereiten würde. Reality-TV-Formate, in denen Menschen um die Wette dümmere Entscheidungen treffen als ich nach dem dritten Joint.
„Ich werde noch einen Keks essen und zusehen, wie sich der Staub in den Gardinen festsetzt“, murmele ich frustriert. In meiner Verzweiflung beschließe ich, kreativ zu werden. Ich bin mir sicher, als Künstler geboren worden zu sein, schnappe mir ein Blatt Papier und einen Stift. Nach einer halben Stunde intensiven Kritzelns stelle ich fest, dass ich ein Bild von einem sehr unglücklichen Hund gezeichnet hatte. Auch dieser Hund kämpfte wohl gegen seine eigene Langeweile.
„Das ist Kunst!“, denke ich, während ich das Meisterwerk an die Wand hefte. Doch die Langeweile lässt sich nicht so leicht vertreiben. Ich beschließe, das Internet zu durchforsten.
„Das ist es! Ich werde die tiefsten Geheimnisse des Internets entdecken!“, denke ich optimistisch.
Nach einer Stunde des Scrollen durch Hunde- und Katzenvideos, endlosen Diskussionen über die besten Pizzabeläge und Ratschläge gegen Schweißfüße bin ich nicht nur gelangweilt, sondern auch verwirrt.
„Warum gibt es so viele Videos von Hunden und Katzen?“, frage ich mich. „Haben wir als Gesellschaft wirklich keine wichtigeren Probleme?“
In meiner Verzweiflung wende ich mich an die sozialen Medien.
„Ich hasse meine Langeweile“, poste ich.
Sofort erhalte ich eine Flut von Antworten: „Mach Yoga.“
Das hatte ich aber schon alles ausprobiert.
Ich überlege, ob ich einfach einen Aufruf zur Revolution gegen die Langeweile starten soll. „Befreit uns von der Monotonie“, rufe ich in Gedanken.
Schließlich beschließe ich, einen Spaziergang zu machen. Ich nehme mir zwei Kekse als Wegzehrung und gehe nach draußen.
„Frische Luft wird helfen“, denke ich. Doch als ich nach draußen trete, werde ich von einer Welle der Langeweile überrollt. Die Nachbarn liegen gelangweilt in ihren Liegestühlen und schauten den Rasenrobotern beim Rasenmähen zu. Ich fühle mich wie ein Zuschauer in einem sehr langweiligen Theaterstück. Egal, wo lang mich mein Spaziergang führt, überall die gleiche Langeweile.
Als ich schließlich wieder zu Hause bin, fällt mir auf, dass ich die Langeweile nicht wirklich hassen kann. Sie ist ein ungebetener Gast, doch sie taucht immer wieder auf. Ich werde sie einfach nicht los, egal, wie ich mich bemühe. Vielleicht ist es an der Zeit, die Langeweile zu akzeptieren und sie als Teil meines Lebens zu betrachten. „Ich könnte sie sogar als Muse betrachten“, denke ich. Auf jeden Fall ist sie der perfekte Vorwand, um einen weiteren Keks zu essen.

counter2xhab ich gern gelesen

Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

Einen Kommentar schreiben

geschrieben von Bad Letters am 18.04.2025:
Kommentar gern gelesen.
Die einen haben zu viel, die anderen zu wenig Langeweile Hubert, aber eines haben sie wahrscheinlich gemeinsam, sie essen gerne Kekse.😉

MfG
Bad Letters




geschrieben von Ofelia am 19.04.2025:
Kommentar gern gelesen.
Hallo, Hubert,

Die Langeweile haben wir schon umarmt. Deshalb drehen wir der Realität denn Rücken, da sie uns nicht mehr interessiert und uns langweilt.
Die Langeweile ertragen wir nur durch Geräte die wahrscheinlich schon kluger sind als wir. Wir wollen nichts mehr erleben, es sei denn durch die Augen unserer digitalen Meister.

Mehr von Hubert Staller:

Die Egomanen
Abgesang
Ein schöner Deal
Diät
Erkenntnis