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1xhab ich gern gelesen
geschrieben 2025 von Novelle (Novelle).
Veröffentlicht: 09.03.2025. Rubrik: Persönliches


Momentaufnahme aus dem Cafe

Er hat die 90 Jahre längst überschritten. Seine Figur ist auch im Sitzen besorgniserregend gebrechlich. Die Augen blicken müde.

An seiner Seite sitzt eine aktive Rothaarige. Das Paar schweigt.
Der Senior scheint in seiner eigenen Welt versunken zu sein.
Auf einmal murmelt er vor sich hin: die Juden, die Juden.

Die stark geschminkte Dame vom Nebentisch hat gelauscht. Sie steht auf und baut sich mit ihrem massigen Körper vor dem Alten auf. Lautstark beschimpft sie den Mann als Antisemiten und lässt einen Schwall bedeutungsvoller Sätze los.

Da erhebt sich die Begleiterin zu voller Größe. Kurz angebunden, aber unmissverständlich teilt sie mit: Bitte verlassen Sie sofort unseren Tisch. Diese Aufforderung muss sie nicht wiederholen.

Aufmerksam schaut sie den Mann gegenüber an. Er ist ihr Vater. Der schweigt lange. Danach fragt er mit brüchiger Stimme: Was wollte die Frau von uns?
Der Fragende sieht schlecht und hört kaum.

"Sie wollte sich nur kurz vorstellen, Vati."

Epilog: Vater und Tochter hatten sich in einem Café eingefunden. Beide verstanden sich wortlos.

Ob das eine emanzipierte Frau ist, Beruf Lehrerin, dachte die Tochter. Ein weibliches Wesen ohne Empathie, aber egoistisch, das sich in den alten Herrn nicht einfühlen konnte. Woran mag er gedacht haben? Fragen oder eine Unterhaltung waren aufgrund seiner starken Schwerhörigkeit nicht möglich.

Schon immer hege ich gegen Frauen, die sich ständig ihrer Umwelt beweisen müssen, eine Abneigung.

Wäre es aufdringlich gewesen, wenn die andere gefragt hätte, ob sie sich dazusetzen darf? Sie hätte Interesse bekunden können, in Form einer höflichen Unterhaltung.

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