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geschrieben 2024 von Albrecht.
Veröffentlicht: 17.09.2024. Rubrik: Historisches


Der Soldat und das Feuer

(Während der Ardennenoffensive)

Wir schreiben den 21. Dezember, 1944. Es ist der erste wirklich kalte Tag dieses Jahres. Die Sonne hat heute den ganzen Tag über nicht die Kraft gehabt, den roten Strich des Thermometers über die Nulllinie zu kämpfen. Nun ist sie untergegangen, so früh wie noch nie in diesem Jahr, und zur bitteren Kälte gesellt sich nun auch noch die rabenschwarze Dunkelheit der Nacht. Und genauso müde und entkräftet, wie die Sonne es heute war, sitzt ein britischer Soldat mit seiner Einheit am Lagerfeuer, das sie wegen der Kälte entfachten, und schaut gedankenverloren in die Flammen. Als er noch ein Kind war, hat er oft so vor dem Feuer gesessen, das er und seine Eltern in ihrem Garten in einer kleinen Feuerschale machten. Damals konnte er stundenlang den Flammen beim Umzüngeln und Vernichten der Holzscheite zusehen, während sein Vater mit einem kleinen Beil neues Brennholz machte und ihn seine Mutter besorgt fragte, ob sie ihm nicht eine dickere Jacke holen sollte. Schön war es, damals. "Nun sitze ich ohne Eltern hier", denkt er verbittert. Sie waren vor wenigen Monaten bei einem deutschen Bombenangriff auf London gestorben. Auf ihre Beerdigung konnte er nicht kommen, weil er zu dem Zeitpunkt an der Front festgehalten wurde. Er schaut weiter in die Flammen und lässt seine Gedanken in seine Kindheit und zu seinen Eltern schweifen. Plötzlich wird er davon aufgeschreckt, dass ein anderer Soldat Holz ins Feuer wirft. Er sieht ihm dabei zu und überlegt: "Feuer und Menschen- sie sind sich eigentlich gar nicht so unähnlich. Je mehr du sie fütterst und je mehr Raum du ihnen gibst, desto stärker können sie ihre Kraft entfalten. Doch wenn du nicht genügend auf sie achtest, können sie großen Schaden anrichten, oder aber sie verkümmern. Als einzelner Soldat fühle ich mich wie die Flamme einer Kerze, eingeengt auf einen mageren Docht! Was mag Hitler für eine Flamme sein? Ach, was brauche ich da lange zu überlegen?", denkt er und schnaubt auf, "Ein Stadtbrand, nein, ein Fegefeuer, das alles verschlingt, was ihm in den Weg kommt, das ist er! Dann bin ich aber eher ein Wasserstrahl, der versucht mit tausenden anderen Wasserstrahlen das Höllenfeuer zu löschen ohne dabei zu verdampfen. Ist es hoffnungslos?" Er lauscht einem Rotkehlchen, das seit Beginn der Dämmerung unermüdlich zwitschert, um sein Revier zu verteidigen. "Nein, in der Vergangenheit wurden einige Stadtbrände gelöscht. Es kam nicht immer soweit, dass das Feuer die Stadt zerstörte, bis kein Haus mehr übrig war. Wir sind nicht verloren!"
Diesen letzen Satz spricht er laut. Die anderen Gestalten um das Feuer schauen kurz auf, sind aber nicht verwirrt. Sie haben schon viele andere Soldaten wirre Selbstgespräche führen hören und dieser Satz macht ihnen Mut. Nacheinander stehen sie auf um sich schlafen zu legen. Am Ende sitzt nur noch ein Soldat vor der Glut und denkt nun wieder an seine Eltern, die Opfer des Stadtbrandes, den er zu löschen versucht. Doch irgendwann wird auch ihm kalt und er legt sich in seine Koje zum Schlafen.

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von F X am 18.09.2024:

Hitler im Fegefeuer nein, er würde sich darin wohlfühlen. Nur absolute Leere würde in wahnsinnig machen und zerstören

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