Veröffentlicht: 04.03.2016. Rubrik: Persönliches
Das Leben eines Toten
"Jeden Tag das selbe, jeden Tag", dachte der Häftling, während er im Korridor mit dem Gesicht zum Boden schauent, zurück in seine dunkle gar düstere Zelle ging. Jeden Tag lag er stundenlang regungslos auf seiner alten, zerfetzten Matratze und träumte davon, was er verwirklichen würde, wenn er frei wäre - frei wäre wie ein Adler. Er gab ihm die benötigte Kraft und Mut noch jahrelang - jeden einzelnen Tag in seinem Grab zu sitzen und zu warten, wie die Zeit vergeht. Jeden Tag träumte der Tote davon, was er machen würde, wenn er wieder leben könnte - er träumte davon geliebt zu werden, er träumte davon, wie er stundenlang die Sterne betrachtete und einfach nur frei wäre wie ein Adler. Er spürt wie die Kälte der Zelle ihn umgibt, wie die Einsamkeit ihn innerlich zerstört und er in einen Sumpf voll Leiden versinkt. Jeden Tag um Mittagszeit, wenn der Wächter die Klappe der
Zelle öffnete, um ihm sein Brot und Wasser gab, springt er erschrocken auf und lebt seinen Tod weiter. Jeden Tag.