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geschrieben 2015 von F.M. (Molle).
Veröffentlicht: 29.02.2016. Rubrik: Unsortiert


Der Antrag

Bei Musikern war es üblich, dass sie ihre Freundinnen zu den Tanzveranstaltungen mitnahmen. Mathias kannte zwar viele hübsche Mädchen aber eine feste vorzeigbare Freundin hatte er nicht. Unter einigen konservativen schwäbischen Familien mit heiratsfähigen Töchtern galt er als interessanter Heiratskandidat.
Viele der schwäbischen Frauen hatten Mitte der 50er Jahre Arbeit in einem Geflügelbetrieb gefunden. In diesem Betrieb mussten unter widrigen Umständen Hühner geschlachtet und gerupft werden. Die Arbeiterinnen saßen in einem schlecht beleuchteten Raum auf niedrigen Spanholzkisten in denen zuvor Obst oder Gemüse aufbewahrt wurde. Die Wände und der Fußboden waren grau. Es war nicht festzustellen, ob Schimmel oder fehlende Farbe den Grauton verursachte. Auf Grund der Kälte in diesem Raum trugen die Frauen mehrere dicke Kleidungsstücke übereinander sowie fast bis zum Boden reichende Wasser abweisende Schürzen. Ihre klammen Hände wärmten sie an den frisch gebrühten Hühnern.
Wir Schwabenkinder besuchten unsere Mütter und Großmütter hin und wieder an ihrem Arbeitsplatz um ihren Gesprächen zu lauschen. Wer wissen wollte was in der Schwabengemeinde vorging, konnte es an diesem Ort erfahren.
Besonderes Aufsehen erregte folgende Gegebenheit.
In einem Nachbarort wohnte eine Schwabenfamilie. Die Patriarchin dieser Familie, eine imposante große Frau mit Durchsetzungsvermögen war, wie die mit im Haushalt lebende Tochter verwitwet. Die Tochter hatte einen Lebensgefährten, der gehörte ebenfalls, wie ihre noch minderjährige Tochter zum Haushalt der Patriarchin.
Die Patriarchin hatte festgelegt, dass es Zeit wäre für ihre Enkelin (ca. 12 Jahre) einen Ehemann zu suchen. Sie hatte für sich festgestellt, dass die Auswahl an Ehemännern in der Schwabengemeinde nicht so umfangreich war, dass man noch lange hätte warten können. Deshalb entschloss sie sich zu handeln. Sie kleidete sich sorgsam an. Zu dieser Zeit trugen vor allem ältere Schwabenfrauen immer noch die für Witwen übliche Schwabentracht. Sie bestand aus dunklen glänzenden mehrfach übereinander getragenen ausstehenden Röcken (der obere Rock plissiert), einer reich bestickten hochglänzenden schwarzen Schürze sowie einem ebenfalls schwarzen bestickten hochgeschlossenem Oberteil. Ein schwarzes Kaschmir - häufig auch Seidentuch - sowie schwarze Strümpfe und gleichfarbige sorgsam geputzte Halbschuhe ergänzten das Ensemble. Sie sah in diesen Kleidern aus, wie der große schwarze Vogel den man oftmals auf Flur und Feld trifft.

Besagte Frau kannte den Geflügelbetrieb und wusste, dass alle Nachrichten zwischen den Frauen dieser Gruppe ausgetauscht wurden. Es machte ihr auch nichts aus , dass die dort geführten Gespräche nicht vertraulich behandelt wurden.
Sie hoffte die Wahl ihrer Kleidung würde ihr entsprechenden Respekt verschaffen. Sie sprach also in diesem Betrieb vor und verlangte die Mutter des Mathiias zu sprechen.
Justina (Mutter des Mathias) wurde nach Leistung entlohnt, konnte also nur mit Verlust ihre Arbeit unterbrechen und außerdem konnte sie sich nicht vorstellen, was die für sie wenig bekannte Person von ihr wollte. So kam es , dass die Patriarchin ganz offen über ihr Anliegen zur Verheiratung ihrer Enkelin mit dem Sohn der Justina sprach. Den Schwabenfrauen verschlug es die Sprache und sie spitzten die Ohren, damit ihnen keines der weiteren Worte entging. Die Antwort der Justina, der es nicht ein bisschen die Sprache verschlagen hatte, kam prompt.
Erstens wüsste sie nicht welche Absichten ihr Sohn in Bezug auf Heirat hätte. Weder sie noch ihr Gatte - und das wüsste sie mit Sicherheit - würden ihm vorschreiben wen und wann er heiraten sollte. Sie würden sich in solchen Fragen den Gegebenheien der Zeit und Situation anpassen und das empfiehlt sie auch ihr.

Ich als ungewollter Zuhörer hätte mir keinen schäbigeren Ort und Situation für die Anbahnung einer solchen lebenswichtigen Entscheidung vorstellen können aber für die alte Dame war die Zeit in den Vorkriegsjahren stehen geblieben. Für sie hatte sich nur der Ort nicht ihre Weltanschauung geändert.

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Metti am 01.03.2016:

Nette kleine Geschichte. Ist es erwünscht, auf ein paar ebenso nette kleine Schreibefehler hinzuweisen?

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