Veröffentlicht: 06.04.2024. Rubrik: Menschliches
A real bad Day
Wieder eine Nacht nicht geschlafen und bei jedem Atemzug spüre ich meine Sorgen. Wie Blei liegen sie auf meiner Seele und nehmen mir die Luft zum Atmen und die Freude am Leben. Mein Spiegelbild deckt sich eins zu eins mit meiner Gefühlslage, einfach beschissen. Der Kaffee wird es mal wieder richten müssen, nur gähnt mich die leere Kaffeepulverdose geradezu an. Ich erinnere mich schemenhaft, gestern den letzten Löffel verwertet zu haben. Also doch die kalte Dusche, um noch irgendwie einen Funken Leben in diesem verwahrlosten Körper zu wecken.
Hektik kommt auf! Duschen war in meinem Zeitmanagement nicht vorgesehen. Zack, zack, zack, Sachen an, Brote schmieren, einmal durch die Bude rennen, Fenster schließen, Schlüssel einstecken und zum Auto flitzen. Auto weg! Gestern stand es noch hier, sicherheitshalber die benachbarten Straßen ablaufen. Auto, Error 404! Schnell den Chef anrufen, um Bescheid zu geben, nur dafür hätte ich über Nacht das Handy aufladen müssen. Schnell zum Bus, der mir vor der Nase wegfährt. Zu meinem Glück kommt ein Taxi, das mich ein Vermögen kostet, was ich eigentlich nicht besitze.
Der Chef zeigt wenig Verständnis, eigentlich gar keines, und weil die Geschäfte schlecht laufen und das nicht mein erster Fauxpas in den letzten Wochen war, setzt er mich fristlos vor die Tür. Der Bus zurück, fährt mir wieder vor der Nase weg und weil ich jetzt noch mehr sparen muss als sowieso schon, gehe ich zu Fuß. Der Himmel öffnet seine Schleusen, während Hut und Schirm zu Hause auf mich warten, schließlich wollte ich ja auch mit dem Auto fahren.
Die Polizei nimmt die Anzeige zu meinem Autodiebstahl ungerührt auf, nimmt mir jede Hoffnung, mein Auto jemals wiederzusehen. Die Versicherung teilt mir per Telefon mit, dass ich den letzten Deckungsbeitrag angeblich nicht gezahlt hätte und sie deshalb für die Entwendung nicht aufkommen könne. Ich kann mich an kein Mahnschreiben erinnern, werde aber fündig, als ich den Altpapierkorb durchwühle. Ich hatte die Mahnung wohl versehentlich direkt mit der Werbung mit entsorgt und damit den Versicherungsschutz ebenfalls.
Stoisch nehme ich den Scherbenhaufen des Tages zur Kenntnis und lege ihn zu den anderen Sorgen hinzu. Das die Milch im Tee bereits flockt und ich es erst nach dem ersten Schluck bemerke, passt einfach zu diesem Tag. Genauso das mein Fahrrad einen Platten hat und das Flickzeug alles enthält, was man braucht, außer die Flicken. Ich könnte heulen, aber meine Tränen sind längst aufgebraucht.
Seit Wochen sitze ich Abend für Abend an deinem Krankenhausbett und hoffe, das du wieder aufwachst. Ich lasse einfach alles stehen und liegen und gehe die sechs Kilometer zu Fuß. Die Krankenschwestern begrüßen mich wie jeden Abend mit Herzlichkeit und ich bin jeder Einzelnen unendlich dankbar, dass sie sich um dich hingebungsvoll kümmern. Sie scheinen zu spüren, dass du wirklich das Einzige bist, was mir in diesem Leben etwas bedeutet. Als ich mich still an dein Bett setze, greifst du plötzlich nach meiner Hand und ich weiß, das ist der beste Tag meines Lebens!